Oldie vom «schönsten Ende der Welt»
05.04.2025 HäuslenenRuedi Pulfer importierte vor über 30 Jahren drei Oldtimer aus Neuseeland. Einen Ford Model A Pick Up restaurierte er für den Eigenbedarf. Dafür liess er sich lange Zeit.
Dass in der Schweiz recht viele alte Fahrzeuge restauriert werden, zeigt sich immer ...
Ruedi Pulfer importierte vor über 30 Jahren drei Oldtimer aus Neuseeland. Einen Ford Model A Pick Up restaurierte er für den Eigenbedarf. Dafür liess er sich lange Zeit.
Dass in der Schweiz recht viele alte Fahrzeuge restauriert werden, zeigt sich immer wieder an Oldtimertreffen. Seien es Autos, Motorräder, Traktoren oder Mofas. Diese Geschichte ist dennoch etwas speziell. Einerseits wegen des Hauptdarstellers, anderseits auch wegen des aufgefrischten Autos. Das hat nämlich einen sehr langen Weg hinter sich.
Ruedi Pulfer wurde 1953 geboren und wuchs in Holzmannshaus TG und Elgg auf. In seiner Kindheit erkrankte er an Kinderlähmung (die EAZ berichtete darüber). Seine Kindheit und Jugendzeit waren teilweise sehr hart, er verbrachte viel Zeit in Spitälern. Aber er überstand die Krankheit und heute erinnert nur noch ein leichtes Hinken daran. Er liess sich zum Elektrofachmann ausbilden. Pulfer absolvierte sogar Militärdienst als Motorfahrer bei den Richtstrahltruppen und fährt heute noch Motorrad.
Sein Bruder Ueli arbeitete in den 80er-Jahren als Programmierer in Neuseeland. Das Inselreich im Pazifik bezeichnet man auch gerne als schönstes Ende der Welt. Die beiden Hauptinseln sind tatsächlich fast eine Welt für sich. Hier findet man vom warmen Sandstrand bis zu schneebedeckten Bergen und Gletschern so ziemlich alles, was es auf der Welt gibt. Sogar eine kleine Wüste.
Ueli schrieb seinem Bruder in der Schweiz, in Neuseeland gebe es viele alte Autos, weil neue sehr teuer seien. Ob er dabei wäre, drei Autos in die Schweiz zu importieren und sie dann zu verkaufen. Ruedi Pulfer liess sich dafür begeistern und so nahm dieses Abenteuer Fahrt auf. Ueli kaufte die Autos in Neuseeland und verschiffte sie per Container nach Rotterdam.
Kleiner Trick vermindert Verzollungskosten
Von Rotterdam gelangten die drei alten Autos nach Wigoltingen TG. Die Einfuhr musste selbstverständlich verzollt werden. Nicht nur das Datum, der 8.8.88, ist speziell. «Ich kannte jemandem beim Zoll und der wickelte den Import nach dem Tarif für Alteisen ab. Das kam uns deutlich günstiger zu stehen als mit dem eigentlichen Tarif für Autos», schmunzelt Pulfer. Dennoch war die ganze Sache keine billige Angelegenheit. Der Transport war mit 13’500 Franken etwa gleich hoch wie der Preis für die drei Autos: ein Ford Model A Pick Up Jahrgang 1928, ein Austin 7 und ein Austin 10.
Zuerst wurden die Fahrzeuge in einer Tiefgarage eingestellt, später dann in einem Schopf. Die beiden Austins wurden aufbereitet und konnten bald einmal verkauft werden. Der Ford blieb aber im Besitz der beiden Brüder. Bis er wirklich einsatzbereit war, dämmerte er etliche Jahre mehr oder weniger vor sich hin.
Pensionierung brachte Wende
Ruedi Pulfer wohnt mittlerweile in Häuslenen, an der Strecke von Aadorf nach Frauenfeld. Hier hat sich die Familie ein Haus gebaut, das unterhalten sein will. Zudem war er beruflich oft für längere Zeit abwesend. «Oftmals passte es einfach nicht», sagt er. Erst als er in Pension ging, fand er endlich Zeit, die Restaurierung voranzutreiben. Jetzt investierte er viel dafür, das alte Fahrzeug zu neuem Leben zu erwecken.
Liess sich ein Teil nicht selbst reparieren, bestellte er Ersatz in den USA. Dort gebe es einen grossen Markt für alte Autos. Manchmal konnten ihm auch andere Ford-Fahrer weiterhelfen. «Die Felgen holte ich auf dem Abbruch», erinnert sich der Rentner.
Dann war der alte Ford mit seinem 2,2 Litermotor endlich fahrbereit. Probefahrten konnte er unternehmen, weil ihm ein Kollege die Garagenummer zur Verfügung stellte. «Bei einer Fahrt in der Umgebung musste ich dreimal anhalten, weil Teile abfielen», erzählt Pulfer. «Ich musste dann mit Loctite dahinter.» Im September 2023, also rund 35 Jahre nach der Einfuhr in die Schweiz, kam der grosse Moment: Vorführen beim Strassenverkehrsamt. Der Ford Model A Pick Up bestand die Prüfung mit zwei kleinen Einschränkungen. Die Reifen und der Treibstoffhahn wurden beanstandet.
Nicht ganz einfach zu bedienen
Anlässlich des Gasoline Motorfestivals, das Mitte August 2024 im Gemeindedreieck Aadorf-Elgg-Hagenbuch stattfand, hatte der Oldie vom schönsten Ende der Welt seinen ersten grösseren Auftritt. Weit musste er dafür nicht fahren, nur knapp zwei Kilometer. Ruedi Pulfer hatte jedenfalls den Plausch. Aber er gesteht, dass das Gefährt nicht ganz einfach zu bedienen ist. Zwar seien Kupplung, Bremse und Gas so angeordnet wie bei heutigen Autos. «Aber bei der Schaltung ist vorne links nicht der 1. Gang, sondern der Retourgang.»
Das sei ihm selbst einmal zum Verhängnis geworden. Als er das Auto aus dem Schopf holte, wo es eingestellt war, habe er irrtümlich eben den Retourgang eingelegt und sei gegen einen Kasten geprallt. Der Oldie habe keinen Schaden erlitten, der Kasten aber sei kaputtgegangen. Eine Spezialität ist auch, dass der Tacho Meilen anzeigt statt Kilometer. Der einfallsreiche Fahrer behilft sich mit einem GPS-Gerät, das auf km/h eingestellt ist. Nun hofft er auf einen schönen Sommer, damit er mit dem Oldtimer Ausfahrten unternehmen kann.
ALBERT BÜCHI