Mit Polachowski tritt ein «Grosser» von der Bühne ab

  15.10.2022 Guntershausen

Er betrat die Bildhauerbühne vor 51 Jahren und verlässt sie nun als schweizweit bekannter Künstler und Schaffer von Grabsteinen, Bildern und Skulpturen: Romuald Polachowski. Mit 74 Jahren will er sich vermehrt der Familie, seinen Hobbys und den Nachkommen der im Zweiten Weltkrieg hier internierten Polen widmen.

Erst vor einem Jahr feierte Bildhauer Romuald Polachowski das 50-jährige Bestehen seines Stein- und Holzbildhauer-Ateliers. Ans Aufhören dachte der Aadorfer mit polnischen Wurzeln damals noch nicht – ganz nach seinem Motto: «Erst wenn man aufgegeben hat, ist man besiegt.» Ende Monat ist nun aber doch Schluss mit Grabsteinen und Co. Mit Aufgeben soll es aber nichts zu tun haben und besiegt fühlt sich der 74-Jährige überhaupt nicht. Seine Grabsteine, Bilder und Skulpturen sind nicht nur in der Gemeinde Aadorf, sondern schweizweit bekannt. Somit darf man mit Fug und Recht sagen, dass mit ihm jetzt ein renommierter Künstler und Schaffer von der Bildhauerbühne abtritt. Er, der sagt, dass jeder Künstler ein Spinner, aber nicht jeder Spinner ein Künstler sei, sah sich schon seit Längerem mit einem kontinuierlich rückgängigen Grabsteingeschäft konfrontiert.
In seiner Werkstatt entstanden Werke, welche die aktuellen Epochen und Polachowskis Talent widerspiegelten. Von modernen Skulpturen oder Kunstbildern bis hin zu schönen, traditionellen Sujets, gibt es heute noch die unterschiedlichsten Werke in seinem Atelier zu finden. Die Experimentierfreudigkeit des Aadorfers war dabei während der ganzen Epoche grenzenlos.

«Bleibt gesund und denkt positiv»

Romuald Polachowski möchte sich nun von seiner Kundschaft verabschieden, denn ab dem 1. November wird er sich nur noch seinen Hobbys widmen. Malen, Velofahren, Wandern und die Natur geniessen stehen ab dann auf seinem Fahrplan. Die Kundschaft werde er zukünftig gerne an seine Arbeitskollegen weitervermitteln. Das Atelier, welches er seinem Nachbarn verkaufte, kann der Künstler jedoch weiterhin nutzen. Doch weshalb gerade jetzt der Schritt, nur ein Jahr nach dem Jubiläum? Dazu Polachowski: «Es ist einfach genug nach über 50 Jahren Bildhauerei. Zudem bin ich ja seit neun Jahren pensioniert, weshalb es nun wirklich an der Zeit ist, aufzuhören.»
Der inzwischen dreifache Grossvater beschäftigt sich gerne mit seinen Enkeln. «Das braucht Zeit», sagt er. Schliesslich hätten ihn dann Gespräche mit seiner Tochter zum Entschluss bestärkt. Gewonnene Zeit möchte er nun auch den Nachkommen von ehemaligen polnischen Internierten widmen. Ein Thema, das ihn auch wegen seines Vaters schon länger umtreibt und für das er sich einsetzt. So beispielsweise morgen Sonntag in Zuchwil, wo es eine Zusammenkunft mit Militärmusik und -attaché gibt. «Hier waren im Zweiten Weltkrieg 500 Polen interniert», so Polachowski, der mit seinem Vater für fast alle der hier verstorbenen polnischen Internierten die Grabsteine fertigte. Nur ein Sonntag später geht es nach Sarnen und danach nach Rapperswil.
Von Wehmut zeigt sich bei ihm keine Spur. Es sei gut so wie es ist, meint er. Einen Anlass zum Abschluss plant der bescheidene 74-jährige Aadorfer nicht. Vielleicht gebe es aber mal einen Ausverkauf, damit er die immer noch zahlreichen Kunstgegenstände im Atelier abverkaufen kann. An alle die ihn kennen richtet er sein Schlussvotum: «Bleibt gesund und denkt positiv – trotz allem!»

RENÉ FISCHER


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