Mit dem Hilfstransport nach Moldawien
04.12.2025 ElggEdi Kägi aus Elgg übergab infolge Pension nach 35 Jahren sein Zweirad Center in jüngere Hände. Sein langjähriger Mitarbeiter Lukas Blaser aus Aadorf unternahm mit dem «Chef» die letzte Geschäftsreise nach Moldawien.
Der Plan war, nach der ...
Edi Kägi aus Elgg übergab infolge Pension nach 35 Jahren sein Zweirad Center in jüngere Hände. Sein langjähriger Mitarbeiter Lukas Blaser aus Aadorf unternahm mit dem «Chef» die letzte Geschäftsreise nach Moldawien.
Der Plan war, nach der Geschäftsschliessung nicht verkauftes Material und auch Fahrräder nach Moldawien zu bringen. Doch der Verkauf der Fahrräder lief so gut, dass nur noch wenige Occasionsfahrräder mit auf den Weg genommen werden konnten. Und es zeichnete sich in letzter Sekunde eine Nachfolge ab, so kamen auch weniger Ersatzteile zusammen für den Transport. Kurzerhand wurde der cirka 17 Meter lange Sattelschlepper mit 16 Tonnen Hilfsgütern wie Kleider, Schuhe, Betten und vielem mehr bis auf den letzten freien Zentimeter gefüllt, so dass das Gesamtgewicht 32 Tonnen betrug.
«Licht im Osten»
Edi Kägi erklärt, dass es bei «Licht im Osten» darum geht, das Wort Gottes weiterzugeben. In Kombination mit diesen Worten in der Bibel stehen auch Hilfsgüter. Für Lukas Blaser aus Aadorf war es der 24. Transport, den er für «Licht im Osten» lenkte. Edi Kägi machte sich als Beifahrer nützlich, da er nicht im Besitze der Fahrprüfung für LKW’s ist. Er war ebenfalls bereits zwei Mal in der Ukraine, um den Hilfsbedürftigen Geschenke zu verteilen.
Los ging es am 21. Oktober nachmittags. Die erste Etappe endete erst nach Mitternacht im österreichischen Oed. Tags darauf ging die Fahrt weiter bis weit nach Budapest. Am dritten Tag durchquerten die beiden Rumänien. Und schon ging es über die Karpaten bis nach Moldawien. Der Grenzübergang war ein ziemlich heikles Unterfangen. «Lukas stand schon drei Tage im Zollhof, weil alles penibel kontrolliert wurde. Wir waren jedoch nach zwei Stunden bereits über der Grenze», sagt Kägi. Der Ablad erfolgte am vierten Tag an zwei verschiedenen Orten. «Der Ablad wurde durch Leute von der Gemeinde und Leuten ‘von der Strasse’ durchgeführt», schmunzelt Edi Kägi. «Die Hilfsgüter werden armen Leuten in den Dörfern verteilt oder direkt im Verteilzentrum abgeholt.»
Veloprojekt in Svetli
Das Material aus dem Velogeschäft wurde dem Veloprojekt Svetli übergeben. «Wir wollten auch sehen, wohin die Dutzende von Fahrrädern, welche wir über die Jahre an das Veloprojekt spendeten, gebracht wurden», so Lukas Blaser. Kägi ergänzt: «Bei den Projekten in Svetli werden Leute integriert, welche viel Alkohol konsumieren, was ganze Familien zerstört. Viele sind verzweifelt und sehen nur noch im Alkohol einen Ausweg.»
Mit einem Gewerbeförderungskredit von «Licht im Osten» wurde in Moldawien eine Bäckerei mit Café, in welchem es auch feine Pizzas gibt, aufgebaut. Dorthin wurde eine Knetmaschine gebracht. «Es gibt Brot für alle, ganz nach dem Motto: Hast Du kein Geld, dann bediene Dich. Hast Du Geld, dann bezahl mehr, damit sich andere bedienen können», erzählt Blaser. Auch in diesem Projekt werden die Einheimischen integriert. Zudem werden monatlich rund 300 Brote an alte, arme und alleinstehende Menschen verteilt.
Im Kinderzentrum, in welchem Blaser und Kägi übernachten durften, treffen sich täglich 40 bis 50 Kinder zum Nachhilfe-Unterricht. Die Kinder kommen aus schwierigen Familienverhältnissen, bei welchen meist ein Elternteil weglief oder der zurückgebliebene Elternteil dem Alkohol verfallen ist.
Eindrücke von unterwegs
Der Strassenzustand war sehr gut. Edi Kägi erklärt, dass die Strassen in einem top Zustand seien, aber die Leute haben die Häuser verlassen und sind weggezogen, weil sie keine Arbeit haben. «Im Dorf leben nur noch alte Leute, fast jedes zweite Haus ist verlassen. Die jungen gehen nach Russland und in den Westen, um zu arbeiten.» Geblieben sind die Bilder von verlassenen Häusern, in welche teils schon die Bäume gewachsen sind. Schlimm sei auch, dass sich niemand um die alten Leute kümmere. Lukas Blaser meint: «Man sieht so viel Elend und fährt über die besten Strassen, dies ist ein extremer Gegensatz, welcher mir dieses Mal sehr aufgefallen ist. Die Innenhöfe sind ungepflegt und voller ‹Plunder› und man fragt sich, wie die Leute hier überleben können.» Edi Kägi sagt: «Wir haben es sehr gut hier in der Schweiz.»
Kägi erzählt: «Trotz der Armut sind die Menschen sehr herzlich und geben viel. Man darf niemals auf den Rückweg gehen, ohne dass man bei ihnen noch etwas gegessen hat.» Dies erlebten die beiden auch in anderen Ostländern. Blaser und Kägi erhielten Äpfel, Schoggi und Honig. Gesprochen habe man mit Händen und Füssen. Englisch sprechen nicht viele. Der Projektleiter vor Ort sprach etwas Deutsch, welches er früher in der Schule lernte. Die Bevölkerung ist sehr dankbar für die Hilfsgüter, welche sie aus der Schweiz empfangen dürfen. Lukas Blaser sagt: «Diesen Dank leiten wir gerne an alle Spender weiter.» Unter www.lio.chfindetmanweitere Informationen zu den verschiedenen Projekten.
Die Rückreise erfolgte am Samstag, also am fünften Tag nach der Abfahrt. Pausen wurden, wenn immer möglich, auf bewachten Plätzen eingelegt. Es kam jedoch schon vor, dass über Nacht Diesel abgezapft wurde.
Über die Karpaten ging es bei regnerischem und kalten Wetter in der Nacht. Die Strassen sind sehr gut ausgebaut, so dass die Fahrt selbst für «riesige Brummer» keine grosse Herausforderung ist. Dank eines schnellen Grenzübertritts und freien Strassen fuhren die beiden bis nach Bistrita (Rumänien). Nach der nötigen Ruhepause ging es weiter nach Bicske (Ungarn). Tags darauf fuhren sie bis nach Deutschland. Am achten Tag ging es dann zurück in die Schweiz, wo Blaser und Kägi im Laufe des Morgens, nach einem Gang durch die LKW-Waschanlage bei Thurtrans, in Frauenfeld eintrafen.
Kägi schwärmt: «In Rumänien war die Landschaft sehr eindrücklich über die Karpaten.» Lukas Blaser ergänzt: «Das war eine der schönsten Fahrten, die ich je gemacht habe. Die Landschaft sei im Herbst wunderschön.»
Zusammengezählt seien sie nur gerade etwa drei Stunden im Stau gestanden, sagt Kägi glücklich.
Nach dem Betanken von 710 Litern Diesel in Moldawien reichte es dem 480 PS starken LKW locker bis in die Schweiz. Insgesamt legten sie 4217 Kilometer mit einer Fahrzeit von cirka 72 Stunden zurück. Edi Kägi erwähnt, dass sie glücklich und ohne Zwischenfälle – obwohl an fünf Unfällen vorbeigefahren – zurückgekehrt seien. «Wir sind sehr dankbar, dass alles gut gelaufen ist. Viele haben auch für uns gebetet.»
Bereits im Januar wird Lukas Blaser eine weitere Fahrt in die Ukraine, zusammen mit seinem Sohn, durchführen.
BRIGITTE KUNZ-KÄGI


