Mit dem E-Bike ans Nordkap
11.09.2025 AadorfSeit der Pensionierung vor zwei Jahren ist Stefan Bannwart «Leiter» seiner eigenen Projekte. Am 29. April 2025 startete der unternehmungslustige Aadorfer auf die 4300 Kilometer lange E-Bike-Tour ans Nordkap.
Nach dem Ende seiner Berufszeit sehe er sich als ...
Seit der Pensionierung vor zwei Jahren ist Stefan Bannwart «Leiter» seiner eigenen Projekte. Am 29. April 2025 startete der unternehmungslustige Aadorfer auf die 4300 Kilometer lange E-Bike-Tour ans Nordkap.
Nach dem Ende seiner Berufszeit sehe er sich als «Projektleiter» seiner privaten Projekte, betont Stefan Bannwart zu Beginn unseres hochspannenden Gesprächs lachend. Velo gefahren sei er früher eigentlich selten, sagt der Vater von vier erwachsenen Kindern sowie fünf Enkeltöchtern. Erste Erfahrungen einer längeren Radtour habe er erst vor rund zwei Jahren bei einer Rundreise durch Dänemark bis nach Hamburg und Prag gemacht. Zurück in der Schweiz habe er 3000 Kilometer auf dem Tacho gehabt, erzählt er. Diese fünfwöchige Tour, die er mit einem Kollegen geradelt ist, habe ihm aufgezeigt, wie viel Freude und Spass so ein sportliches Abenteuer auslösen könne. Der sportbegeisterte wie unternehmungslustige Aadorfer, der in seiner Freizeit unter anderem den Einwohnerverein Aadorf präsidiert, ist stets offen für Neues, wie er sagt. Er kann Risiken einschätzen, hört auf seinen Körper und ist flexibel und neugierig. Stefan Bannwart ist kein Mensch, der seine Ideen und Visionen auf die lange Bank schiebt, so entstand dann im Sommer 2024 der Entschluss und die konkrete Planung seiner Bike-Tour ans Nordkap, dem nördlichsten Punkt von Europas-Festland. Mit Renate, seiner verständnisvollen Partnerin sei er jeden Tag in Kontakt gestanden. Via «Komoot» habe sie seine Reise mitverfolgen können. Das habe auch ihm eine gewisse Sicherheit gegeben, betont er.
Ganztägige Trainingsstrecken in der Heimat
Bei eisigen Temperaturen, Wind und Wetter, fuhr der unerschrockene Aadorfer im Februar/März 2025 regelmässig bis zu 100 Kilometer lange Trainingsstrecken - nicht, um damit Rekorde zu brechen, sondern um die richtige Kleiderauswahl für sein grosses Vorhaben zu treffen. «Fünf bis sechs Stunden die Komfortzone verlassen», meint er dazu. Pflichtbewusst, wie man Stefan Bannwart kennt, hat er sich im Vorfeld mit dem Einwohnerverein Aadorf über seine Absenz abgesprochen. Erst als auch hier alles geregelt war, begann die konkrete Planung seiner gut zehnwöchigen Reise in den hohen Norden. Bei 27›000 Höhenmetern stand die Bewältigung von 4300 Kilometern auf dem Programm. Was für andere nach einem gewaltigen Kraftakt klingt, war genau das, was Bannwart suchte. Ein neues Projekt, ein neues Abenteuer. Seit jeher sportbegeistert und offen für Neues, übernimmt er auch in seiner Freizeit gerne die Rolle des eigenen «Projektleiters». Ins Gepäck kamen Medikamente und Werkzeug für Notfälle sowie entsprechende Bekleidung für jedes Klima. Mit klarer Struktur, viel Mut und Humor plante er jede der rund 100 Kilometer langen Etappen wie auch entsprechende Unterkünfte.
Endlich geht es los
Den Start sowie den Zeitpunkt vom 29. April 2025 habe er explizit so ausgewählt. Ende Frühlingszeit – anfangs Sommer. «Während anfangs Juni im hohen Norden noch der Winter mit Schnee und Kälte das Sagen hat, ist im Mai in Deutschland und Dänemark bereits der Frühling eingezogen. So bin ich bis ans Ende meiner Reise immer dem Frühling entgegengefahren», schmunzelt der sympathische Protagonist.
Bis nach Kopenhagen fuhr er in Begleitung eines Kollegen, nachher ging es allein weiter. Ein besonderes Erlebnis sei gewesen, die dänische Hauptstadt wie später auch Stockholm gemeinsam mit seiner angereisten Partnerin geniessen zu dürfen. Zufällig habe zu diesem Zeitpunkt gerade die Eishockey-WM in Stockholm stattgefunden, so hätten sie den Halbfinal, den die Schweiz gewonnen hat, live miterleben dürfen, berichtet er.
Elche und Bären mieden mich
Durch Schweden und entlang der schwedischen Ostseeküste bis hinauf zum Nordkap war er auf sich allein gestellt. Mit viel Gegenwind durch überwiegend gutes Klima, begegnete er fremden Menschen, neuen Kulturen und auch sich selbst. «Bei meinen Fahrten durch Wälder und Wiesen fühlte ich mich im Einklang mit der Natur, konnte abschalten und geniessen. Um mich jederzeit zurechtzufinden, wurde das Smartphone zum wichtigsten Instrument der Reise. Spannende und berührende Begegnungen mit den verschiedensten Menschen bleiben im Herzen. Etwa die Aussage eines kranken alten Mannes, der betonte, die Begegnung mit mir sei der schönste Moment seines Tages. Oder eine spontane Einladung auf einem privaten Grundstück zu Kaffee und Kuchen. Positive Erinnerungen bleiben auch von Begegnungen mit anderen Velofahrern. Ein frustrierter deutscher Radsportler, der zwei Wochen vor mir ans Nordkap wollte, musste wegen Schnee und Eis die Reise abbrechen. Ab und zu war ich froh, in der Abgeschiedenheit mit jemandem deutsch sprechen zu können», freut sich Stefan Bannwart. Bären und Elche habe er auf seiner Reise nicht angetroffen.
Ein phänomenales Abenteuer
Nach rund zehn herausfordernden Wochen am nördlichsten Punkt von Europas Festland angekommen, überkamen ihn bei strahlendem Sonnenschein und dem Blick ins tiefblaue Meer unglaubliche Emotionen. Das Wetterglück sei ihm, wie während der ganzen Reise, auch in den zwei Tagen am Nordkap treu geblieben. Ein phänomenales Erlebnis, meint er berührt. Seine grösste Sorge im Vorfeld sei gewesen, wie er sein E-Bike wieder in die Schweiz zurückbringen könne. «Flugzeug geht nicht, Bus eher schwierig und eine Bahn gibt es nicht», resümiert er. Also habe er sich zusammen mit seiner Partnerin, mit der er sich am Endpunkt der Hurtigruten in Kirkenes wieder getroffen hatte, für die sechstägige Schiffsreise nach Bergen entschieden. Das Problem war jedoch, dass diese Reise auf einen fixen Zeitpunkt vorausgebucht werden musste. «So kam ich nicht umhin abzuschätzen, wann ich dort eintreffen werde. Ich habe dann einen bis zwei Reservetage eingebaut», erzählt er. Von Bergen ging es dann via Oslo und Hamburg gemeinsam in die Heimat zurück. Diese herausfordernde und inspirierende Reise war für den Aadorfer mehr als ein sportliches Abenteuer. Sie war gleichzeitig ein Symbol für Mut, Lebensfreude und Aufbruch, der beste Beweis dafür, dass neue Kapitel im Leben auch nach der Pensionierung noch voller Energie beginnen können. Sein Leben bezeichnet Stefan Bannwart als Grossprojekt, ob als Chor-Sänger oder in Bezug auf künftige Visionen und Träume. Der Süden Europas steht dabei für ihn im Fokus.
CHRISTINA AVANZINI