Meldeverfahren: Es ist nicht alles Gold was glänzt
03.02.2024 ElggBund und Kantone wollen den Umstieg auf erneuerbare Energien mit allen Mitteln beschleunigen. Der Kanton Zürich führte deshalb im letzten Jahr das Meldeverfahren ein.
Seit Anfang letzten Jahres können viele Anlagen für erneuerbare Energien im Kanton ...
Bund und Kantone wollen den Umstieg auf erneuerbare Energien mit allen Mitteln beschleunigen. Der Kanton Zürich führte deshalb im letzten Jahr das Meldeverfahren ein.
Seit Anfang letzten Jahres können viele Anlagen für erneuerbare Energien im Kanton Zürich laut Baudirektion «rascher und unkomplizierter realisiert werden». Rund 9600 solche wurden «unbürokratisch» im sogenannten Meldeverfahren behandelt. Damit will man den Umstieg auf erneuerbare Energien erleichtern und beschleunigen. Solaranlagen, Luft-Wasser- und Erdsonden-Wärmepumpen, Fernwärmeanschlüsse sowie öffentlich zugängliche E-Ladestationen müssen nun kein Baubewilligungsverfahren mehr durchlaufen, sondern lediglich der zuständigen Behörde gemeldet werden. Wird nach der Eingangsbestätigung der Gemeinde innert 30 Tagen nichts Gegenteiliges angeordnet, kann das Vorhaben umgesetzt werden.
Auch mit dem Meldeverfahren bleiben laut Zürcher Baudirektion übergeordnete Interessen gewahrt. In Kernzonen und im Bereich von Denkmal- und Ortsbildschutzinventaren komme es nicht zur Anwendung. Erdsonden-Wärmepumpen benötigten weiterhin eine gewässerschutzrechtliche Bewilligung und für Luft-Wasser-Wärmepumpen sei ein Lärmschutznachweis nötig. Wenn ein Vorhaben andere öffentliche Interessen oder diejenigen Dritter betreffe, könne die Gemeinde weiterhin ein Baubewilligungsverfahren anordnen.
Das Meldeverfahren wird rege genutzt
«Die Erfahrungen von Kanton und Gemeinden zeigen: Die Vereinfachung bewährt sich», jubiliert die Zürcher Baudirektion. Wie man aber weiss, ist nicht alles Gold was glänzt. Ob der kantonale Enthusiasmus durch die Gemeinde Elgg bestätigt werden kann, wollte diese Zeitung deshalb wissen. Zudem vermag es zu interessieren, wie viele solcher Bauvorhaben letztes Jahr im Meldeverfahren abgewickelt werden konnten.
Laut Bauvorsteherin Mirjam Lehmann gebe es bauherrenseitig einige Verbesserungen, vor allem eine schnellere Abwicklung der Baugesuche und weniger Kosten. Für das Bausekretariat sei es aber teils problematisch, da je nach Komplexität des Gesuchs, die Kosten nicht gedeckt würden. Zudem würden die Arbeiten nicht weniger. Einzig die aufwendige Verfassung der Baubewilligung entfalle.
Andreas Zwicky, Bereichsleiter Planung, Bau und Energie, klemmte sich nach der Anfrage hinter den Computer und stellte in aufwendiger Arbeit die gewünschten Zahlen zusammen. Diese zeigen, dass im letzten Jahr 24 Gesuche für Solaranlagen eingingen. Davon 15 Stück respektive 62,5 Prozent im neuen Meldeverfahren. Ähnlich sieht es bezüglich wärmetechnischer Anlagen wie Wärmepumpen und dergleichen aus: Von insgesamt 41 Gesuchen gingen 26 im Meldeverfahren ein. Das entspricht einem Anteil von 63,4 Prozent. E-Ladestationen wurden laut Zwicky keine eingereicht. Die Gesuche würden entweder über die Plattform des Kantons elektronisch eingereicht (ca. 40%) oder nach wie vor in Papierform (ca. 60%) und dann vom Bausekretariat eingescannt und elektronisch abgelegt.
Einblick in die Abläufe
Wie die Abläufe gehandhabt werden und ob nun alles einfacher und günstiger geworden ist, erklärt Andreas Zwicky gegenüber der «Elgger/Aadorfer Zeitung»: «Alle Gesuche müssen nach wie vor durch das Bauamt auf die Einhaltung aller Vorschriften geprüft werden, unabhängig davon, ob sie im Melde- oder ordentlichen Verfahren behandelt werden können. Dieser Aufwand verringerte sich also nicht.» Es könne aber gespart werden, weil die aussenaufgestellten Luft-Wasser-Wärmepumpen in den meisten Fällen keine Publikation inklusive Bauvisier mehr bräuchten. Zudem müsse keine aufwendige Bewilligung mehr geschrieben werden. Hier reiche eine Meldebestätigung mit den nötigen Auflagen. Solche Verfahren seien kostenlos für die Bauherrschaft, trotz des nach wie vor vorhandenen Aufwands für Prüfung und Administration. Zwicky erachtet dies als Beitrag der Gemeinde zur Energiewende. Und ergänzend sagt er: «Wenn alles stimmig ist, geht die Meldebestätigung innerhalb von fünf Tagen raus.» Die kantonale Frist von 30 Tagen, sei aus seiner Sicht ziemlich unsinnig.
Bei den Erdsonden-Wärmepumpen sehe es ähnlich aus. Dort brauche es aber nach wie vor eine Bewilligung des Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft, welche 300 Franken koste und in der Regel innerhalb der 30-Tage-Frist abgewickelt werde. «Unsere Aufwendungen sind dagegen kostenlos», ergänzt der Bereichsleiter. Bei den Photovoltaikanlagen im Meldeverfahren spare die Gemeinde Zeit, da nur noch eine Meldebestätigung nötig sei, und die Bauherrschaft Bewilligungsgebühren, weil auch diese Verfahren kostenlos wären.
Bescheidene Verbesserung für Behörden
Arbeitslos wird das Bausekretariat also trotz vereinfachten Verfahren nicht. Dazu Zwicky: «Alle Gesuche werden auf dem Bauamt eröffnet und abgeschlossen – inklusive Schlusskontrolle, Archivierung et cetera. Dazu müssten die Schlussdokumente durch Projektverfasser respektive Bauherrschaft eingereicht werden. «Diesen Unterlagen müssen wir trotz der vereinfachten Verfahren und in den Meldebestätigungen schriftlich festgehaltenen Pflicht, die Dokumente einzureichen, regelmässig nachrennen. Auch Nachbesserungen müssen wir verlangen, bis sie konform sind», sagt Zwicky, «was etwas mühsam ist.»
Und was ist nun sein Fazit? «Summa summarum verbesserte sich insbesondere für die Bauherrschaft einiges, sprich eine schnellere Abwicklung und das kostenlose Verfahren. Für das Bauamt sind die Verbesserungen eher bescheiden, da immer noch der gleiche Prüfungs- und ein – wenn auch etwas verminderter – Verfahrensaufwand von der Erfassung des Gesuches bis zu seinem Abschluss besteht», zieht Andreas Zwicky ähnlich Bilanz wie Gemeinderätin Mirjam Lehmann. Dies aber mit dem Unterschied, dass der Aufwand nicht mehr mit Bewilligungsgebühren abgedeckt werde.
In der Zukunft müsse sich laut Zwicky auch noch zeigen, wie sich die aussenaufgestellten Luft-Wasser-Wärmepumpen in Sachen Lärm auswirken. Die Rechte Dritter würden nämlich beim Meldeverfahren nicht mehr berücksichtigt, weshalb ein Rekursverfahren nicht mehr möglich sei. «Keiner kann sagen, was da an Klagen und Nachbarschaftsstreitereien zukünftig auf uns zukommen wird. Dies insbesondere, wenn Anlagen älter werden und durch Abnutzungserscheinungen auch mehr Geräusche verursachen», sagt der Bereichsleiter Planung, Bau und Energie mit erhobenem Mahnfinger. In der Vernehmlassung zu den neuen Verfahrensabläufen sei das laut ihm ein ziemlich lauter Kritikpunkt Seitens der Gemeinden gewesen.
Vereinfachungen und beschleunigte Verfahren hin oder her, und wenn man schon bei Sprichwörtern ist: Es fliesst noch einiges Wasser die Eulach runter. Im Moment ist es an dieser Front in Elgg noch still und man darf hoffen, dass es auch so bleibt.
RENÉ FISCHER