Löhracker: «Weder überteuert noch überdimensioniert»
20.09.2025 AadorfIn wenigen Tagen stimmt die Aadorfer Bevölkerung über den Neubau «Campus Löhracker» ab. Das Projekt polarisiert, wie ein Blick in die Leserbriefspalten der Lokalpresse zeigt. Nino Heider, Ressort Liegenschaften Schulen Aadorf, nimmt zu den kritischsten Punkten ...
In wenigen Tagen stimmt die Aadorfer Bevölkerung über den Neubau «Campus Löhracker» ab. Das Projekt polarisiert, wie ein Blick in die Leserbriefspalten der Lokalpresse zeigt. Nino Heider, Ressort Liegenschaften Schulen Aadorf, nimmt zu den kritischsten Punkten Stellung.
Die meiste Kritik betrifft die hohen Kosten. Anlässlich der Aadorfer Mäss im letzten Jahr wurde ein Modell für 27 Millionen präsentiert – heute wird von 35,5 Millionen +/- 10 Prozent ausgegangen. Das «Nein-Lager» befürchtet einen 39-Millionen-Bau. Nino Heider erklärt, wie die aktuell projektierten Kosten zustande gekommen sind: «Die ursprünglich genannten 27 Millionen entsprachen dem damaligen Projektstand des Gebäudes mit einer Genauigkeit von plus/minus 25 Prozent. Neu dazugekommen ist die Gestaltung der Aussenanlagen, der Parkplätze sowie die höheren Energieauflagen, die im Kanton Thurgau ab 2026 gelten. Ebenso verteuern das von der Energiestadt Aadorf geforderte Energielabel sowie der schwierige Baugrund das Projekt.» Heider räumt Versäumnisse in der Kommunikation ein, man hätte bei der erstmals genannten Hausnummer die detaillierten Rahmenbedingungen erwähnen müssen.
Seit der ersten Präsentation sei aus dem Vorhaben ein detailliertes Vorprojekt unter Einbezug aller Fachdisziplinen geworden, das eine gesamtheitliche Sicht erlaube: «Die Baukommission versteht, dass die Kostenentwicklung aufgrund der nicht umfassenden Kommunikation an der Aadorfer Mäss schwierig nachvollziehbar ist und bedauert dies auch. Aufgrund des heutigen Detaillierungsgrades kann die Baukommission das Nein-Lager beruhigen. Wir haben bei vielen Arbeitsgattungen die Kosten auf Marktniveau berechnet, bereits eine Sparrunde durchgeführt und sehr viele Vorabklärungen von amtlicher Seite abgeschlossen und mitberücksichtigt.» Die Kommission sei überzeugt, dass sich das Schulhaus im besagten Kreditrahmen von 35,5 Millionen Franken realisieren lasse. Im beantragten Kredit seien vier Prozent Reserve für die Gebäudekosten (BKP 2) enthalten. «Mit dieser Reserve und einer guten Kostendisziplin ist der Campus zu diesem Preis umsetzbar. Die von der Opposition genannten 39 Millionen sind eine polemische Aussage, der keine fundierte Basis zugrunde liegt.»
Der Liegenschaftsverantwortliche Heider nimmt zu weiteren Kritikpunkten, respektive Fragezeichen, Stellung:
An der Informationsveranstaltung wurde die Bauteuerung erwähnt. Mit einer durchschnittlichen Teuerung von 1,1 Prozent lassen sich die Mehrkosten kaum erklären?
Die Baukosten sind seit August 2024 nur moderat gestiegen. Der Grund für die Differenz zur im Vorjahr kommunizierten Zahl liegt primär in den vorgängig geschilderten Massnahmen und Anpassungen. Weiter haben wir einen Vollausbau der Photovoltaik-Anlage geplant, der auf die laufenden Stromkosten in den Folgejahren eine Einnahmequelle eröffnet. Die zukünftigen Energiekosten für den Löhracker werden dadurch massiv sinken – längerfristig und nachhaltig gedacht.
Ein Luxusbau für verweichlichte Generationen?
Ist das Projekt nicht «einfach schön teuer», ein Luxusbau für verwöhnte Kids?
Nein, ganz bestimmt nicht. Es ist ein einfacher Zweckbau aus Holz. Die Baukommission konnte sogar den Umfang des Gebäudevolumens bereits im Vorprojekt reduzieren. Die Kennzahlen liegen gegenüber vergleichbaren, aktuell realisierten Schulhäusern im Kanton mit einem Kubikmeterpreis von 1022 und einem Quadratmeterpreis von 3671 Franken inklusive Mehrwertsteuer sogar im unteren Durchschnitt. Wenn man als «Luxus» die Angebote für die Schulergänzende Betreuung (SEB), Mittagsverpflegung oder die Turnhalle bezeichnet, so würde das einen Rückschritt in der gesellschaftlichen Entwicklung bedeuten. Die Turnhalle würde auch den Vereinen zugutekommen. Für die Nutzung der Sporthalle gibt es Wartelisten ...
Ist das Projekt nicht überdimensioniert?
Nein. Die Wachstumsprognose durch eine externe Fachfirma zeigt klare Tendenzen. Die Behörde hat die mittlere Prognose hochgerechnet und daraus das Schulraumprogramm festgelegt. Dies ist weitsichtig und vernünftig geplant. Nichts Tragischeres und Aufwändigeres, als im fertiggestellten Bau gleich wieder zu wenig Platz zu haben. Ein gutes Beispiel ist die Dreifach-Sporthalle im Löhracker: Zehn Jahre nach Eröffnung wird bereits eine weitere benötigt. Dasselbe beim Vierfach-Kindergarten, der vom Souverän zuerst abgelehnt wurde. Anstelle der vier verfügbaren Kindergärten betreiben wir heute deren sieben. Diese sind in Räumen untergebracht, die nun dem Standort an der Schulstrasse fehlen.
Fazit: Umsichtiges und vorausschauendes Planen bis 2034 senkt die Kosten, weil nicht schon während der Bauphase erneute Projekte und Provisorien nötig werden, die als Kostentreiber funktionieren.
Schulwegsicherheit für die Kleinsten
Was ist am Vorwurf dran, dass beim ganzen Projekt die Kindergärtner vergessen worden seien, weil ihr Schulweg aus einigen Quartieren zu lang und zu gefährlich werde?
Die Thematik des Schulweges wurde abgeklärt. Mit einem zweiten Standort im Löhracker sind für die umliegenden Quartiere sogar kürzere Wege möglich. Wir führen zurzeit sieben Kindergartenklassen an der Schulstrasse. Aus ganz Aadorf ist es möglich, den Weg in den Kindergarten dorthin zu bewältigen. Das heisst, ein zweiter Standort im Löhracker bringt eine Verbesserung, weil Kinder die näher wohnen, im neuen Kindergarten eingeteilt würden.
Werden für die Arbeiten in erster Linie lokale oder regionale Handwerksbetriebe angefragt oder spielt das in der Planung/Ausschreibung keine Rolle?
Im öffentlichen Vergabewesen sind wir an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und können Aufträge nur bis zu einer Auftragssumme von 150’000 Franken frei vergeben. Bis 250‘000 sind wir verpflichtet, drei Angebote einzuholen. Auftragssummen darüber, respektive für das Bauhauptgewerbe von über 500’000 Franken (alle Beträge exkl. MwSt.), werden öffentlich im Amtsblatt ausgeschrieben. Dies erfolgt in der späteren Ausschreibungsphase.
Die Schule versucht möglichst, lokale und regionale Handwerker zu gewinnen und diese offerieren zu lassen. Alle Arbeitsvergaben im Unterhalt unserer Liegenschaften vergeben wir an lokale Unternehmen. Ein Grossteil der Zusammenarbeit mit dem heimischen Gewerbe verläuft sehr gut und gründet auf guten Beziehungen. Wir sind uns sehr bewusst, dass viele Handwerker einen enormen Beitrag für unsere Schule und unsere Liegenschaften leisten.
Aadorf wird grösser und grösser – das kostet
Auf die Steuerzahlenden kommen Kosten zu, die Angst machen: Sanierung Sek, Neubau Löhracker, Neubau Feuerwehrmagazin – ein Ende ist nicht absehbar. Wie soll das alles finanziert werden?
Wir verstehen, dass die zukünftigen Investitionen sehr hoch ausfallen und dies der Bevölkerung Sorgen bereitet. Die Schulen haben einen Finanzplan auf zehn Jahre hinaus berechnet. Die Finanzierung für die Schulbauten kann ohne Steuererhöhungen bewerkstelligt werden. Wir müssen uns darauf einstellen, dass aufgrund des Bevölkerungswachstums – ermöglicht durch den neuen Zonenplan – die Gemeinde in die öffentliche Infrastruktur investieren muss.
Was passiert bei Ablehnung des Baukredits an der Urne am 28. September?
Bis eine neue Lösung gefunden und umgesetzt ist, werden Jahre vergehen. Mit der Ablehnung des Kredits bleiben zentrale Herausforderungen bestehen:
• Für die Kindergarten- und Primarschulkinder steht weiterhin nicht genügend Schulraum zur Verfügung. Viele Klassen werden über Jahre hinweg in Provisorien unterrichtet.
• Pädagogische Entwicklungen und moderne Lernumgebungen können nicht realisiert werden.
• Auf dem Areal Löhracker können weder ein zeitgemässes Angebot an SEB und Mittagsverpflegung noch zusätzliche Sportmöglichkeiten durch eine neue Turnhalle geschaffen werden.
• Weitere Auswirkungen wie notwendige Schülertransporte, Organisation von Turnlektionen oder überfüllte Klassenzimmer lassen sich derzeit noch nicht abschätzen. Auch die Attraktivität der Gemeinde als Arbeitgeberin für Lehrpersonen könnte darunter leiden – Provisorien und grosse Klassen sind sicher kein Vorteil.
Gleichzeitig entstehen hohe Zusatzkosten: Rund 900’000 Franken pro Jahr für Provisorien sowie zusätzliche Kosten im Bereich der SEB. Dazu kommen Ausgaben für eine neue Wachstumsprognose sowie ein erneuter Projektierungskredit für geschätzt eine Million. Ob das heute vorliegende Projekt in fünf bis sieben Jahren günstiger realisiert werden könnte, ist mehr als fraglich.
Es entstehen somit Kosten von ungefähr fünf Millionen für die Provisorien sowie Honorare für die Planung von gegen 700’000 Franken, zuzüglich der Teuerung. Fazit: Es ist unwahrscheinlich, dass diese zusätzlichen sechs Millionen bei einem neuen Projekt eingespart werden können.
Die «Elgger/Aadorfer Zeitung» bedankt sich bei Nino Heider für die Stellungnahme zu den wichtigsten Kritikpunkten in den Leserbriefen.
MARIANNE BURGENER
Am 28. September stimmt die Aadorfer Bevölkerung über den Schulhausneubau Löhracker ab.