Licht nach der Dunkelheit – eine Aadorfer Familie gibt nicht auf
16.12.2025 AadorfAls im Februar 2022 ein Schicksalsschlag das Leben von Liana Moser-Inauen verändert, entdeckt sie eine Kraft in sich und lernt, dass Hoffnung selbst in den dunkelsten Stunden leuchtet.
Aufgewachsen mit drei lebhaften Schwestern im Altersheim Neuhaus in Wängi, das von ihren ...
Als im Februar 2022 ein Schicksalsschlag das Leben von Liana Moser-Inauen verändert, entdeckt sie eine Kraft in sich und lernt, dass Hoffnung selbst in den dunkelsten Stunden leuchtet.
Aufgewachsen mit drei lebhaften Schwestern im Altersheim Neuhaus in Wängi, das von ihren Eltern geführt wurde, lernte die 38-jährige Liana Moser-Inauen schon früh Verantwortung, Gemeinschaft und das Leben in all seinen Facetten kennen. Auch wie zerbrechlich das Leben sein kann und wie stark Menschen sind, wenn sie füreinander – nicht nur im Alter – da sind. Im Jahr 2000 zog die Familie nach Aadorf. Dort besuchte Liana die Oberstufe und lernte in dieser Zeit ihren heutigen Ehemann David Moser kennen. Sportlich war die fröhliche und reiselustige Thurgauerin im Fussball aktiv, vor allem, um die Verbindung zu ihren fussballbegeisterten Kolleginnen in Wängi aufrechtzuerhalten. Bald folgte die Hochzeit mit David und die glücklichen Geburten ihrer zwei Buben Jaron und Andrin, heute sechs und viereinhalb Jahre alt. Zwei kleine Herzen, die ihr Leben heller machten, als sie es je für möglich gehalten hätte. Die junge Familie lebte ihr Glück, ein Alltag, der vertraut und sicher schien.
Der Krebs, ein mieser Verräter
Doch dann kam dieser eine Tag im Februar 2022. Ein Tag, der ohne Vorwarnung das stabile Fundament des gemeinsamen Familienlebens erschütterte. «Beim Stillen von Andrin bemerkte ich eines Tages einen Knoten in meiner linken Brust. Ähnliches erlebte ich schon während meiner Stillzeit beim Erstgeborenen Jaron. Darum machte ich mir auch keine grossen Sorgen», erzählt Liana während unseres vertrauensvollen Gesprächs. Die Hebamme habe ihr dann empfohlen, eine Biopsie machen zu lassen. Drei Tage nach ihrem 35. Geburtstag erhielt sie die Diagnose Brustkrebs «Als mir meine Ärztin das Resultat der Biopsie verkündete, zog es mir den Boden unter den Füssen weg, es war, als würde jemand meinen Hals, meine Luftröhre zudrücken». Plötzlich sei nichts mehr so gewesen, wie es war, nichts mehr war sicher. «Nicht meine Kraft, nicht mein Körper, nicht meine Zukunft», sagt sie. «Meine kleinen Buben, damals 1 und 3 Jahre alt, weilten in dieser Zeit bei meiner Mutter, die mir später erzählte, dass sich der dreijährige Jaron exakt zum Zeitpunkt meiner Diagnose aus dem Nichts heraus, schreiend nach mir rufend auf den Boden geworfen habe». Heute beobachte sie unerwartete Emotionen ihres sensiblen Erstgeborenen speziell vor anstehenden Testergebnissen oft etwas ängstlich.
Getragen von Familien und Freunden
Das Schwierigste in der Anfangszeit sei gewesen, die Hiobsbotschaft an die Familie und den Freundeskreis weiterzugeben. «Für das Umfeld war es schwieriger als für mich, denn Krebs tut nicht weh, das ist ja das Gefährliche», sagt Liana. Am 28. Februar 2022 folgte im Spital Frauenfeld die erste von insgesamt acht starken Chemotherapien, bei denen sie nach und nach Haare, Augenbrauen und Wimpern verloren hat. Jede weitere Chemo sei intensiver gewesen, der Körper war geschwächt und müde. Es habe Tage gegeben, an denen sie gedacht habe, zu zerbrechen, Tage an denen ihr Körper zu erschöpft war, das Bett zu verlassen. Doch es habe auch bessere Momente gegeben. Kleine Lichtblicke, wenn sie mit ihren zwei wilden Buben spielen konnte, wenn das Lachen der Kinder wieder ein Stück Normalität in ihr Leben zurückbrachte. Wenn sie spürte, ich bin noch da, ich kämpfe und gebe niemals auf! Die liebevolle Unterstützung ihres Ehemanns, der grosse Zusammenhalt ihrer beiden Familien und Freunde wurde zu einem unsichtbaren Netzwerk, das sie auffing, wenn sie fiel. Menschen, die da waren, ohne zu fragen. Die ihre Hand hielten, wenn die Kraft ganz unten war, so tief, dass sie oft nicht mehr wusste, wie sie wieder aufstehen sollte. Und doch habe sie so sehr daran geglaubt, dass sie es schaffen werde. «Für mich, meinen Mann und vor allem für unsere Kinder», betont sie. Ihr Ehemann habe etwa zur gleichen Zeit den Job und den Bereich gewechselt, es sei auch für ihn eine echte Herausforderung gewesen, allem gerecht zu werden. «Abends kam er todmüde nach Hause und musste sich dann um seine kranke, oft gereizte Frau und die Kinder kümmern», meint Liana. Grosse Unterstützung erhielt die Familie von Lianas Mutter Martha, die jederzeit abrufbereit war. Ohne deren Hilfe wäre es nicht gegangen, sagt Liana dankbar. Auch die Schwestern hielten eisern zusammen, «die eine bekochte uns zuhause, eine andere schickte vorgekochte Menüs aus dem Appenzellischen und andere aus der Familie boten mentale Hilfe an». Ebenso unentbehrlich war die grosse Unterstützung aus der Familie von Ehemann David, die sich in dieser herausfordernden Zeit ebenfalls in vielfältiger Weise einbrachte und der jungen Familie den Rücken stärkte.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Rückschläge blieben leider nicht aus. So fanden sich nach den ersten Behandlungen immer noch Krebszellen im Körper. Es folgten nochmals 14 Chemotherapien mit anschliessenden 25 Bestrahlungen. Ihr Aussehen sei zweitrangig gewesen und doch sei ihr damit bewusst geworden, dass sie voll in diesem schwierigen Prozess stecke, sagt sie. Die zwei kleinen im Dezember 2023 entdeckten Metastasen im Hirn entpuppten sich zum Glück als nicht sonderlich gefährlich, eine einzelne Strahlentherapie im USZ Zürich reichten aus. 2024 standen vier weitere grosse Operationen zum Wiederaufbau der Brust an. Jetzt steht alle drei Monate ein Brust-Ultraschall sowie ein MRI vom Kopf an. Ferner eine jährliche Mammografie sowie ein PET-CT, vor diesem Ergebnis fürchtet sie sich am meisten, denn die «Chance», neue Mutationen zu entdecken, sei hier am grössten, erklärt Liana, die immer noch am «Fatigue-Syndrom», einem krebsbedingten Erschöpfungszustand leidet. «Nach dem Mittag ist mein Akku leer, ich kann mich nicht mehr konzentrieren und habe keine Energie mehr», betont die kämpferische Aadorferin, die früher im 45-Prozent-Arbeitspensum tätig war. Das Taggeld, welches nach zwei Jahren jetzt wegfällt, fehlt an allen Ecken und Kanten. Es sei schwierig, zu funktionieren und Behördenabläufe zu akzeptieren. Von der Krebsliga erhalte sie grosse Unterstützung, ob in persönlicher Beratung oder während den Therapien in finanzieller Hinsicht. Andere Behördengänge wie etwa bei der IV hätten sich schwieriger gestaltet. Hier sei vieles noch in Bearbeitung. Das koste Energie, die sie derzeit nicht habe. Das ist für die Familie auch ein finanzieller Aspekt, da Liana ihren Job als Pflegefachfrau in der Spitex Wetzikon derzeit nur sehr eingeschränkt ausführen kann.
Vorsorgeuntersuchungen ernstnehmen
Dennoch geniesst Liana heute den Alltag mit ihrer Familie, fährt ihre zwei Buben auf den Fussballplatz, wo ihr Papi als Juniorentrainer arbeitet. Die beiden fussballbegeisterten Buben sind zusammen mit ihren Eltern stolz auf die kürzlich erworbenen Medaillen für einen hervorragenden zweiten Platz. Solche und andere unbeschwerten Momente füllen heute immer mehr den Alltag der lebensfrohen Familie, die zusammen kämpft und an die Zukunft glaubt. Wie Liana Moser-Inauen an diesem Dienstagmorgen so neben mir an ihrem Wohnzimmertisch sitzt, würde man ihr die Strapazen der letzten drei Jahre fast nicht abnehmen. «Genau das ist auch das Problem einiger Behörden, die nur mein Äusseres sehen», sagt sie. Vermutlich jammere sie zu wenig. Mit ihrer Geschichte möchte Liana wachrütteln und für regelmässige Vorsorgeuntersuchungen appellieren. «Hört auf Euren Körper und achtet auf diesen. In der Schweiz sind wir im Gesundheitswesen privilegiert, nutzt diese Chance. Geniesst das Leben, verwirklicht Eure Träume und sagt nicht – ich mache es später einmal. Man weiss nie, was morgen ist». Sie sei so froh, habe sie ihren Traum, Orcas in freier Wildbahn zu sehen, in jungen Jahren umgesetzt. «Als Abschluss vom Kapitel «Krebs» möchte ich gerne mit meiner Familie nochmals zu den Orcas reisen». Ein grosser Wunsch für die sympathische Aadorfer-Familie.
CHRISTINA AVANZINI

