Klatsch und Tratsch aus dem Lehrerzimmer
23.07.2022 ElggIn der Rubrik «Klatsch und Tratsch aus dem Lehrerzimmer» erschienen in jeder Schülerzeitung Interviews von drei bis fünf Lehrern. Das Ziel war es, sie den Schülern näher zu bringen, auch wenn man gar keinen Unterricht bei ihnen hatte. Einige der Interviewpartner haben zugestimmt, ihr Interview in der «Elgger/Aadorfer Zeitung» zu veröffentlichen.
Christian Roffler, Musik- und Werklehrer
FRAGE: WENN SIE ETWAS AN UNSERER SCHULE VERÄNDERN KÖNNTEN, WAS WÄRE DAS?
Antwort: Es kommt mir eigentlich gar nichts in den Sinn. Ich finde, dass es hier an der Schule eigentlich ganz gut läuft.
WIE SAH IHR SCHULZEUGNIS AUS?
Zwei Phasen: In den ersten Paar Jahren nicht gut und später plötzlich sehr gut, so irgendwie aus dem Nichts.
HABEN SIE IN IHRER ZEIT ALS SCHÜLER STREICHE GEMACHT? WENN JA, KÖNNEN SIE VON EINEM ERZÄHLEN?
Nein, gar nicht. Ich bin sehr verträumt gewesen. Ich musste nicht einmal vor die Tür oder eine Strafaufgabe schreiben, sondern schloss alle Ausbildungen mit einer Auszeichnung ab. Ich bin eigentlich ein Streber.
WIE GEHEN SIE MIT SCHWIERIGEN SCHÜLERN UM?
Ich versuche möglichst konsequent zu sein. Ich suche das Gespräch und wenn es sich nicht bessert, dann mache ich Einträge. Hauptsächlich mache ich es, um die Schüler zu schützen, die nichts tun.
Irene Hasler, Klassenlehrerin der AB1b
WIRD ES NICHT LANGWEILIG, IMMER WIEDER DIESELBEN THEMEN DURCHZUKAUEN?
Mindestens alle drei Jahre krieg ich neue, spannende Schüler. Und die Stunden sind je nach Stimmung in der Klasse total anders. Sie lebt mit der aktiven Teilnahme von jedem Einzelnen. Ebenfalls werden Themen immer auch in Bezug auf aktuelles Geschehen behandelt, vor allem in Deutsch und Geschichte. Selbst eine Franz-Stunde ist kaum zweimal gleich. Und je nach Klasse kann sich ein Thema zu einem komplett neuen entwickeln.
WENN SIE EINE SCHÜLERIN AN UNSERER SCHULE WÄREN, WER WÄRE IHR LIEBLINGSLEHRER, BEZIEHUNGSWEISE IHRE LIEBLINGSLEHRERIN ? UND WIESO?
Ich denke Christian Roffler im Musikunterricht. Ich liebe Musik und er macht das sicher super.
WIE WEIT PLANEN SIE DIE ZUKUNFT VORAUS?
Da ist einmal die langfristige Planung: Was müssen die Schüler alles können und wissen, wenn sie aus der Schule kommen? Und da ist die taktische Planung: Wie bringe ich dieses oder jenes Thema heute und in dieser stimmung an die Schüler? Das kann auch direkt vor oder gar während der Stunde ändern, also wirklich sehr kurzfristig.
Barbara Fehr, Klassenlehrerin der B2
IN WELCHEN MOMENTEN HABEN SIE SICH GEWÜNSCHT, EINEN ANDEREN BERUF ZU HABEN?
Ich unterrichte seit 38 Jahren und immer in der gleichen Stufe, die Sek B. Ich hatte mal kurz gedacht, Heilpädagogin zu werden, aber nach der Info-Veranstaltung dachte ich, dass dies nichts für mich sei. Meine Stärke ist es, eine Klasse zu führen und dies möchte ich nicht missen.
HABEN SIE ALS SCHÜLERIN ABGESCHRIEBEN?
Soweit ich mich erinnern kann, nein. Aber ich spickte, in der Kanti in Geschichte. Wir mussten immer sehr viel lernen und ich schrieb jeweils auf Häuschenblätter ganz klein mit einem dunklen Stift. Das konnte ich dann unter das Prüfungsblatt legen und mein Lehrer merkte das nie. Einen Spick schreiben ist ok, ihn dann aber auch brauchen ... na ja.
WELCHES WAR DAS BIZARRSTE ERLEBNIS, WELCHES SIE MIT IHRER JETZIGEN KLASSE ERLEBTEN?
Mit meiner jetzigen Klasse gibt es immer viel zu lachen, aber bizarr war eher nichts. Aber mit einer anderen Klasse, die ich hatte, konnte ich keine Ausflüge machen. Bei jeder Berufsmesse, jedem Lager und so weiter, verlor ich immer Schüler. Beim Wandern liefen die einen so schnell, dass ich sie nur mit Rennen einholen konnte. Da verlor ich aber leider die hinteren. Zum Glück war eine zweite Lehrperson dabei. Bei einem Ausflug stiegen ein paar Schüler in den Schnellzug nach Wil ein, anstatt in den Regionalzug. Und für die Berufsmesse ist eine Gruppe Schüler nicht in Oerlikon ausgestiegen, sondern einfach weitergefahren. Und das passierte alles mit der gleichen Klasse.
Martin Michel, Englisch- und R&K-Lehrer
WELCHES WAR IHR «HASSFACH» IM GYMI?
Ich versuche heutzutage nichts mehr in meinem Leben zu «hassen», weil ich aus jeder Situation etwas zu lernen versuche. Gerade auch, wenn es schwierig wird. Worin ich im Gymi nicht gut war, weil es mich zu wenig interessierte und ich es morgens von 4 bis 6 Uhr vor dem Test schlecht in mein fast fotografisches Gedächtnis speichern und mit etwas anderem aus meinem täglichen Leben verknüpfen konnte, war definitiv Mathematik. Das lag übrigens nicht an den Lehrern. Die waren sympathisch, bemüht und didaktisch auf der Höhe. Sprachen, Geschichte, Geografie, Philosophie, Musik und Sport waren und sind viel mehr mein Fall. Diese Fächer nützten mir in meinen bisherigen 45 Jahren auch mehr als viele Dinge, die ich in den sechseinhalb Jahren Mathematik am Gymi lernen durfte/musste.
WAS WAR IHR GRÖSSTER FEHLSCHLAG BEIM KOCHEN?
Gute Frage! Ich glaube, was ich fast täglich für meine Familie mache, kann man nicht wirklich als «Kochen» bezeichnen. Darum produziere ich auch eher wenige grobe Fehlschläge. Ich stehe selten mehr als 20 bis 30 Minuten in der Küche, bis etwas auf den Tisch kommt. mein eindeutig grösster Fehlschlag im Zusammenhang mit «Essen» war, dass ich als 21-Jähriger in San José (Costa Rica) meine Gastfamilie in ein «Chalet Suizo-Restaurant» zum Fondue-Essen einlud. Ich war ziemlich der Einzige, der von der aufgetischten «Fonduekaugummisuppe» gegessen oder überhaupt probiert hat (lacht).
WELCHE ERINNERUNG VOM UNTERRICHTEN WIRD IHNEN FÜR IMMER BLEIBEN?
Die Momente, in denen es mir gelang, den Schülerinnen und Schülern ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, mit einer passenden Anekdote aus meinem eher nicht 08/15-Leben, Situationskomik, einem kleinen Witz oder Sprichwort und sie auch dadurch schneller, vernetzter und mit Freude lernten. Und, noch viel wichtiger, möglichst mit mehr intrinsischer Motivation und Interesse für das Fach und ihre eigene Zukunft meinen Unterricht verlassen haben. Und natürlich liebe und liebte ich jegliche Art von ausserschulischen Anlässen wie exkursionen, Projektwochen, Schneesport-, Abschluss- und Klassenlager, Sportanlässe, Theateraufführungen et cetera. In meinen neun Jahren an der Sek Elgg durfte ich in diesem Zusammenhang unglaublich viel Lustiges, Schwieriges und auch für mich Lehrreiches erleben. Viel Stoff für Anekdoten für mein neues Leben als Unternehmer ab diesem Sommer. Es war ein Privileg und oft «just spectaaaaaacular» mit so vielen jungen Menschen und Lehrerkolleginnen und -kollegen meine Lebenszeit verbringen zu dürfen. Lasst uns weiterhin möglichst (zuerst) selbst die Veränderung sein, die wir in der Welt sehen möchten. Oder wie Alan Kay es ausdrückt: «Die beste Methode, die Zukunft vorherzusagen, besteht darin, sie zu erfinden.»
Hanspeter Münch, Klassenlehrer AB2b
WELCHE FÄCHER SOLLTEN MEHR IN DEN SCHUL-ALLTAG KOMMEN UND WELCHE GEKÜRZT WERDEN?
Ich finde den Entscheid sinnvoll, dass Natur und Technik gestärkt wurde. Drei Lektionen pro Woche sind sicher wertvoll. Es gibt kein einzelnes Fach, das ich zurückstutzen möchte, doch finde ich, dass der Stundenplan für die Kinder generell entschlackt werden sollte. Teilweise haben sie 36 Lektionen pro Woche. Das ist zu viel. Lieber weniger solche, dafür hohe Konzentration im Unterricht und Luft für Freizeit, Sport, Musik und Erholung. Dazu müsste der Lehrplan gestrafft werden. Als Mathelehrer wäre ich bereit, auch bei diesem Hauptfach den Rotstift anzusetzen. Aber nochmals: Weniger Lektionen würde bedeuten, dass in den verbleibenden Vollgas gegeben würde. Momentan gibt es einige Kinder, die Lektionen abhocken und mehr oder weniger im «Döszustand» auf die nächste Pause warten. Das würde noch weniger drin liegen. Es wären alle sowohl im mündlichen wie auch im schriftlichen Unterricht gefordert.
WELCHE LEHRPERSON IST AM SCHLAUSTEN?
Was heisst am schlausten? Ist es schlau, wenn eine Lehrperson, die beispielsweise mit einem Smart unterwegs ist, weiss, wo auf dem Heimweg die Tempoblitzer auf sie warten? Ist es schlau, die Spickmethoden der Schülerinnen und Schüler zu entlarven? Hat Schlauheit damit zu tun, möglichst viele Sprachen zu sprechen oder Matherätsel zu entschlüsseln? Ist es allenfalls schlau, wenn ich meinen Lohn in Bitcoins investiere oder eben gerade nicht? So gesehen hat wohl jede Person einen Ort, wo sie am schlausten ist. Aber eines ist klar: Die Frauen im Lehrerzimmer können nicht nur zwei Dinge gleichzeitig erledigen (wie sie es stets behaupten), sondern sind auch bestens informiert über alles, was in und um die Schule läuft. Da können die Herren niemals mithalten.
WENN SIE EINE BERÜHMTE PERSÖNLICHKEIT – EGAL OB LEBENDIG ODER TOT – TREFFEN DÜRFTEN: WER WÄRE ES UND WARUM?
In der Vergangenheit wäre ich gerne mit einem Entdecker wie Marco Polo, Vasco da Gama oder Kolumbus unterwegs gewesen. Reisen in unbekannte Kontinente waren sicher unglaublich spannend. In der heutigen Zeit wäre es am ehesten ein Sportler wie Messi oder eine Sportlerin wie Shiffrin. Einen Tagesablauf mit ihren Trainings mitzuerleben, zu sehen, wie sie sich mental auf Herausforderungen vorbereiten, das wäre sehr interessant.
Joël Gugger, Klassenlehrer B3
WARUM SIND SIE LEHRER GEWORDEN?
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Als Sohn eines seklehrers wusste ich, was ich niemals werden wollte: Seklehrer. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Im Gymi bot ich Nachhilfeunterricht an und finanzierte mir so einen Roller. Da merkte ich, dass es sehr viel Spass macht, Leuten zu helfen und dabei reich zu werden.
WÜRDEN SIE JUGENDLICHEN WEITEREMPFEHLEN, LEHRER ZU WERDEN?
Ganz klar ja, denn als Lehrer hat man vormittags recht und nachmittags frei.
WENN ES EINEN LEHRER IM TEAM DER SEK ELGG GÄBE, DEN SIE MIT DEN WÖRTERN «LAUT, RAUSSTECHEND, MITFÜHLEND» BESCHREIBEN MÜSSTEN, WER WÄRE DAS?
Schwierige Frage, denn aus meiner Sicht ist niemand besonders laut oder rausstechend. Mitfühlend sind hingegen alle, was nicht überrascht, denn Empathie ist eine sehr wichtige Fähigkeit einer guten Lehrperson.
Eliane Manser, Klassenlehrerin A3a
WIESO HABEN SIE SICH FÜR DIESEN BERUF ENTSCHIEDEN?
Ich war beim Berufsberater, da ich keine Ahnung hatte, was ich machen wollte. Es war dann seine Idee und allein wäre ich niemals darauf gekommen. Als Kind spielte ich sehr viel «Schülerlis» mit meinen Geschwistern.
WIE DENKEN SIE, WÜRDE SIE IHRE KLASSE BESCHREIBEN?
Das ist mega schwierig. Aber ich hoffe, sie sehen mich als strukturiert, organisiert, kreativ und fair. Aber mich würde es Wunder nehmen, welche negativen Punkte sie aufzählen würden, also was ich besser machen könnte.
IST ES NICHT KOMISCH, EIN LEBEN LANG IN DER SCHULE ZU SEIN?
Nein. Also man erlebt es von beiden Seiten, vorher war man Schüler, jetzt Lehrer. Für diejenigen, die die Schule als etwas Negatives ansehen, könnte es schon komisch sein, aber ich geniesse es.
WER IST DER LAUTESTE IM LEHRERZIMMER?
Christoph Ziegler bei Computerproblemen. Er wedelt so mit den Händen und ruft nach Vinzenz Klingele.
INTERVIEWS: BARBARA ROSSI, MELANIE ALBERT