Die 160 Kinder am Aadorfer Fussballcamp sind verschiedener Herkunft. Sie unterscheiden sich in Sprache, aber auch mit ihrem kulturellen Hintergrund. Dabei ist auch ein Kind mit Zerebralparese.
Auf seine gewohnt joviale Art begrüsste Bernd Voss zur montäglichen ...
Die 160 Kinder am Aadorfer Fussballcamp sind verschiedener Herkunft. Sie unterscheiden sich in Sprache, aber auch mit ihrem kulturellen Hintergrund. Dabei ist auch ein Kind mit Zerebralparese.
Auf seine gewohnt joviale Art begrüsste Bernd Voss zur montäglichen Mittagshitze die rund 160 Kinder im Alter von 4 bis 15 Jahren sowie ihre zahlreich erschienenen Angehörigen. «Man muss den Chef nicht lehren zu schwatzen», meinte ein Vater und charakterisierte damit den deutschen Motivationskünstler und Zampano mehr als treffend. Kaum waren darauf die 18 Übungsleiter – Deutsche und acht Aadorfer – einzeln vorgestellt, ging es zur Sache. Instruktionen gab es unter einem schattenspendenden Zelt, ehe die Arbeit mit dem geliebten Ball beginnen konnte. Dass sich unter den Teilnehmenden nur zehn Mädchen befanden, war doch eine kleine Überraschung. Ebenso unerwartend: Gleich 33 Buben wollten den Fokus auf die Ausbildung als Torhüter legen. Ein Effekt der schweizweit guten Goalies?
Geburtsgebrechen ist kein Hinderungsgrund
Mitten in der Schar der fussballaffinen Teilnehmerinnen und -nehmer auszumachen war auch Joel Meier aus Wil. Nicht unschwer zu erkennen, denn der 15-Jährige ist mit dem Geburtsgebrechen Zerebralparese auf die Welt gekommen. Er ist bewegungsmässig sichtlich eingeschränkt. Auch sprachlich ist er beeinträchtigt, sodass seine Laute für ungewohnte Zuhörer nicht leicht zu verstehen sind. Gleichwohl nimmt er am Camp teil – und dies schon zum fünften Mal. «Hier fühle ich mich verstanden, werde nicht diskriminiert und ausgelacht, was ansonsten im Alltag hie und da der Fall ist. Dann laufe ich einfach weg und höre nicht mehr zu», sagte Joel, der die CP-Schule Birnbäumen in St. Gallen besucht. «Mir gefallen hier die Übungen mit dem Ball, aber auch die koordinativen Elemente des Trainings. Ich bewege mich gerne mit und ohne Ball.»
Das ist auch die Vorliebe aller anderen Kinder, die ebenfalls mit Herzblut ihrem Freizeitsport frönen. Ein grosses Lob gebührt dem Veranstalter, der sich nicht ziert, körperlich und geistige Beeinträchtigte als Mitglied der Gesellschaft zu betrachten. Dies gilt ebenfalls für Teilnehmende mit unterschiedlichem Migrationshintergrund, die sich im Feld der grossen Schar tummeln.
Professionelle Übungsleitung
Der Tagesablauf entspricht einem strengen Takt. Das Mikrofon ist ein wichtiges Instrument zur Disziplinierung. Auch die Begleitmusik erfüllt ihre Funktion und ist sozusagen Taktgeber. Trainingseinheit zur Förderung von Technik und Koordination gehören vor- und nachmittags zum Programm. Dazwischen gibt es Trink- und Früchtepausen. Das Mittagessen wird gemeinsam im Zelt eingenommen. Spiele, Turniere wie etwa eine «Mini-WM», aber auch Show-Vorführungen, Siegerehrungen, Urkunde- und Pokalübergaben sind nachmittägliche Höhepunkte im Fussballleben der Kinder.
Den Schlussakkord am Freitagnachmittag lassen sich jeweils zahlreiche Angehörige gerne gefallen. «Da sind die entrichteten Campkosten von gut 300 Franken, inklusive Leibchen, Ball, Stulpen gut investiert», sagte eine Mutter aus Bischofszell und nahm am Freitagabend ihr überglückliches Kind, hin- und herchauffiert, mit Genugtuung in Empfang.
KURT LICHTENSTEIGER