Hospizdienst überwältigt von Solidarität

  11.06.2022 Guntershausen

Das Domino-Impulsprogramm hat eine Welle der Solidarität ausgelöst und beschert dem Hospizdienst Thurgau 50’000 Franken. Mit dem Geld der Raiffeisenbank Mittelthurgau soll Sensibilisierungsarbeit geleistet werden. Das freut Martha Gehring aus Guntershausen. Sie ist eine der freiwilligen Mitarbeitenden des Hospizdienstes.

Die Raiffeisenbank Mittelthurgau hat es ihren Mitgliedern mit dem Domino-Impulsprogramm freigestellt, ob sie selbst direkt von Einkaufsgutscheinen profitieren oder lieber soziale Institutionen mit einer Spende begünstigen möchten. Am meisten Mitglieder haben sich für den Hospizdienst entschieden – nämlich rund 500 der 3000 Genossenschafterinnen und -schafter der Bank: Sie haben an der schriftlichen Abstimmung der Generalversammlung und damit am Impulsprogramm Domino teilgenommen. Damit kann die Bank dem Hospizdienst Thurgau 50’000 Franken überweisen.
«Ich freue mich, dass meine Hausbank den grossen Betrag dem Hospizverein spendet», sagt die Guntershauserin Martha Gehring. Damit könne die Öffentlichkeit mehr erfahren über die Möglichkeit der Unterstützung, beziehungsweise Entlastung bei der Pflege zu Hause. Oft könne dank der Entlastung der Angehörigen oder der Spitex-Einsatzkräfte ein Spitaleintritt vermieden werden. Ihr sei es deshalb persönlich ein Anliegen, dass sich Menschen vermehrt «mit diesem nicht immer einfachen Thema befassen». Wichtig sei auch, dass Spitex, Ärzte, Krebsliga und Bevölkerung in dieser Angelegenheit im Dialog bleiben. «Wiederholt hörte ich, dass man vom Hospizdienst noch nie etwas vernommen habe», sagt die 77-Jährige und hofft, dass sich dies nun ändern wird.

Achtsam begleiten

Gehrings Einsätze sind unterschiedlich, was Häufigkeit oder Einsatzort anbetrifft: Seit bald zwölf Jahren besucht sie im Hinterthurgau, in Frauenfeld, selten in Uesslingen, aber auch im Mittelthurgau kranke Menschen. Sie sagt dazu: «Mal bin ich über ein halbes Jahr jede Woche eine Nacht bei jemandem, mal habe ich keine Einsätze über Monate. Mal sind es über drei Monate hinweg jede Woche rund drei Stunden am Nachmittag, mal zwei bis drei Nachteinsätze in zwei bis drei Wochen.»
Ihre Aufgabe bestehe vor allem darin, Angehörige von schwerkranken Personen vorwiegend zu Hause zu entlasten. Sie sorgt sich um das Wohl der Kranken und begleitet Angehörige. Sie betreue sterbende Menschen und spreche ab, wann Angehörige beigezogen werden sollen. Je nach Bedarf und Wunsch verabreiche sie Schmerzmittel, helfe beim Trinken oder auf der Toilette. Wichtig sei oft einfach, «da zu sein für ein Gespräch». Bei ihren Einsätzen werde sie beispielsweise mit Tumor-, seltenen Nerven- oder Herz- und Gefässkrankheiten konfrontiert. Ihr grösstes Anliegen sei «eine achtsame Begleitung, die für Kranke und Angehörige der Situation entsprechend zum Tragen kommt».

Selbst bereichert

Motiviert dazu sei Martha Gehring aufgrund diverser Lebenserfahrungen im nahen Familienkreis und weil diese Einsätze eine «sinnvolle Freiwilligenarbeit nach der Pensionierung» wären. Umso mehr, als sie beruflich im Gesundheitswesen tätig gewesen sei: «Es ist mir ein vertrautes Gebiet, ein Geben und Nehmen, eine persönliche Horizonterweiterung. Denn oft werde ich bereichert durch meinen Einsatz in einer sehr sensiblen Lebensphase der mir anvertrauten Familien.» Das hilft ihr, die Situationen selbst zu verarbeiten, wozu sie aber auch gerne in der Natur ist oder musiziert. Ausserdem seien die Austausch-Gesprächsrunden wertvoll, die vom Hospizdienst organisiert werden.
Marina Bruggmann, Geschäftsführerin des Hospizdienstes Thurgau, ist stolz, dass sie auf viele freiwillige Mitarbeitende wie Gehring zählen darf. Sie und ihr Team seien überwältigt von der Solidaritätswelle, die das Domino-Impulsprogramm der Raiffeisenbank Mittelthurgau ausgelöst habe: «So viel Geld auf einmal haben wir noch nie bekommen in den 14 Jahren, seit denen es den Hospizdienst gibt. Das ist nun eine grosse Chance für uns, die vielen Menschen zu sensibilisieren, die von der Begleitung und Unterstützung unserer freiwilligen Mitarbeitenden profitieren können.» Verwaltungsratspräsidentin Jolanda Eichenberger freut dies besonders: «Im Verwaltungsrat haben wir diese Idee genau deshalb entwickelt. Es ist unser Ziel, unter anderem bei sozialen Institutionen einen beachtlichen Dominoeffekt auszulösen, mit dem sie gestärkt und motiviert werden.» Hospizdienst-Vizepräsident Lukas Weinhold betont, dass dies in einem Ausmass gelungen sei, das er kaum zu hoffen gewagt habe: «Das ist wirklich sehr viel Geld für uns. Deshalb werden wir ein gutes Projekt ausarbeiten, um in die Öffentlichkeitsarbeit zu investieren.»

Wertvolle Freiwilligenarbeit

Diese Investition sei besonders wichtig, bestätigt Bruggmann, denn: «Leider wissen viele Menschen im Thurgau noch nichts von unseren wertvollen Diensten.» Der Hospizdienst begleite Kinder, Jugendliche und Erwachsene jeden Alters auf ihren extrem schweren Krankheitswegen. Freiwillige Begleiterinnen seien im ganzen Kanton vorwiegend bei Familien privat und in Ausnahmesituationen in Heimen oder Spitälern unterwegs. Kurzum: «Der Hospizdienst entlastet überall dort, wo Angehörige, Bezugspersonen und pflegende Dienste mit ihrer Zeit und ihren Kräften an Grenzen stossen.» Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit medizinischen, pflegenden, seelsorglichen und anderen Fachpersonen ermögliche es Menschen, ihren letzten Lebensabschnitt in schwerer Krankheit lebenswert zu gestalten.
Am Domino-Impulsanlass der Raiffeisenbank Mittelthurgau in Weinfelden nutzte der Thurgauer Regierungsrat und Gesundheitsdirektor Urs Martin die Chance, um die Bedeutung des Hospizdienstes zu würdigen und den Bankmitgliedern für den Dominoeffekt ihrer Spenden zu danken. Der Hospizdienst leiste eine enorm wertvolle Freiwilligenarbeit, die eigentlich unbezahlbar sei. Die Entlastungsdienste würden unkompliziert, mit viel Herzblut und kompetent geleistet. Dabei zeige sich, wie bedeutsam es sei, dass der Thurgau ein Kanton der kurzen Wege ist. Der Hospizdienst sei ein bedeutendes Element im Zusammenspiel von Gesundheitswesen, Politik und Wirtschaft.

(MITG)


Dominoeffekt greift

Von den Spenden, beziehungsweise Einkaufsgutscheinen, profitieren Sozialinstitutionen und Unternehmen, die sich bei der Raiffeisenbank Mittelthurgau für die Teilnahme am Domino-Impulsprogramm beworben haben. Die Spenden werden den teilnehmenden Sozialinstitutionen im Verlauf der kommenden Wochen übergeben. Die Gutscheine im Wert von jeweils 65 Franken pro Genossenschaftsmitglied können bis Ende September eingelöst werden. Mehr Informationen zu Domino sowie alle Unternehmen und Sozialinstitutionen, die an der Gutscheinaktion teilnehmen, finden sich unter:
www.dominoeffekt.ch


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