Hochmut kommt auch in Schlotterberg vor dem Fall

  10.05.2022 Elgg

Die Komödie «Als der Film nach Schlotterberg kam» bietet einen Einblick in die Zeit der ersten Tonfilme in den goldenen 20er-Jahren. Ein Filmteam der Ufa-Studios Berlin will den ersten deutschen Tonfilm drehen. Drehort für einige Szenen der geplanten Dracula-Verfilmung soll das Dorf Schlotterberg sein.

Die Theatergruppe des ökumenischen Kirchenchors Elgg probte zum letzten Mal den grossen Auftritt im Saal des Werkgebäudes vor den anstehenden Aufführungen (s. Box). Zur Einstimmung flimmert eine Zeitdokumentation über die Leinwand und aus den Boxen klingen Lieder aus der Zeit zwischen den Weltkriegen. Der Übergang ins Theaterstück fliessend, die mit dem Auftritt des nervösen Bürgermeisters startet. Er zupft an seinem Anzug und eilt im Sekundentakt zum Fenster, um keinesfalls die Ankunft der hohen Gäste aus Berlin zu verpassen, die an diesem Tag dem Ort Schlotterberg ihre Aufwartung machen werden: Ein bekannter Regisseur und eine Kamerafrau wollen den Ort besuchen, um den bevorstehenden Dreh einiger Szenen für die geplante Dracula-Verfilmung zu besprechen.
Das Ansinnen des Regisseurs ist kein Geringeres, als den Kassenschlager «Nosferatu» von Murnau zu toppen. So soll Dracula der erste deutsche Tonfilm werden – und dies ausgerechnet unter Mitwirkung einiger Schlotterberger. Diese Aussichten beflügeln die kühnsten Fantasien des Bürgermeisters. Er sieht sein Bauerndorf, das er notabene als moderne Kleinstadt bezeichnet, bereits als bedeutenden Kurort für geplagte Städter. Seine Frau hingegen, die ebenfalls einen kleinen Auftritt im Film haben soll, träumt vom Leben als Leinwandstar in Ruhm und Wohlstand. Mit dem Drehstart prallen die Glamourwelt des Films und die einfache Welt eines Bauerndorfes mit seinen Anliegen gnadenlos aufeinander.

Wo Gräben sich auftun

Was für den Dorfbewohner gesunde Landluft ist, ist für den Städter unerträglicher Gestank. Was der Regisseur als Naturtalent bezeichnet, interpretiert die Starschauspielerin aus der Hauptstadt schlicht als Bauerntrampel. Empfindet sich der Bürgermeister als wichtig und zu Höherem geboren, erklärt ihm seine Frau, dass er einfach zu dick sei und sich am Hinterkopf die kahle Stelle immer weiter ausbreite und sein Geschnarche auch immer schlimmer werde. Als sich die Schlotterberger im Verlaufe der Geschichte jedoch zusehends ungerechter behandelt sehen, raufen sie sich zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammen. Sie lehren den Städtern, die ihren Hochmut am Ende teuer bezahlen müssen, das Fürchten.
Die Komödie von Andreas Kroll hält, was sie verspricht. Ein unterhaltsamer Theaterabend ist den Gästen sicher. Das Stück regt den Zuschauenden nicht nur zum Schmunzeln an, es zeigt ebenso Parallelen zu nach wie vor herrschenden Gräben und Vorurteilen in unserer Gesellschaft auf – mehr sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verraten.

MARIANNE BURGENER


Aufführungen im Werkgebäude Elgg

• 11. Mai, 14 Uhr, freier Eintritt – Kollekte; Kuchen und Kaffee

• 13. und 14. Mai, 20 Uhr, mit Liedvorträgen des Chors, Barbetrieb vor und nach der Vorstellung

• TICKETS: 20 Franken, Abendkasse (Vorverkauf im Claro-Laden, Vordergasse 21, Telefon 052 364 02 69)


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