Grünes Licht für Projektkredit und zwei weitere Anliegen
19.06.2025 AadorfAufatmen nach der ausserordentlichen Gemeindeversammlung: Die drei Haupttraktanden, über die der Souverän zu befinden hatte, wurden mit jeweils deutlichen Mehrheiten angenommen. Viel zu diskutieren gab erwartungsgemäss der Projektierungskredit für das Feuerwehr- und ...
Aufatmen nach der ausserordentlichen Gemeindeversammlung: Die drei Haupttraktanden, über die der Souverän zu befinden hatte, wurden mit jeweils deutlichen Mehrheiten angenommen. Viel zu diskutieren gab erwartungsgemäss der Projektierungskredit für das Feuerwehr- und EW-Gebäude.
Die 286 Stimmberechtigten mussten sich nicht lange gedulden, bis das mit Spannung erwartete Traktandum zum Projektierungskredit für ein neues, kombiniertes Gebäude für Feuerwehr und Elektroinstallationen und Werke (EW) behandelt wurde. Gemeindepräsident Matthias Küng verdeutlichte den Handlungsbedarf: Seit 1990 sei die Bevölkerung um rund 40 Prozent auf inzwischen 9960 Personen gewachsen – und wachse weiter. «Gleichzeitig sind auch Feuerwehr und EW grösser geworden, um ihren Auftrag zu erfüllen.» Zudem sei das Feuerwehrdepot beim Primarschulhaus einst nur als Provisorium gedacht gewesen. Der Standort im Zentrum sei alles andere als ideal: Im Alarmfall könnten spielende Kinder, parkierte Autos sowie der Waren- und Güterumschlag die Ausfahrt der Feuerwehr behindern – oder umgekehrt die Sicherheit der Kinder gefährden.
Beide Institutionen litten unter Platzmangel und müssten unter Bedingungen arbeiten, die heutigen Ansprüchen und teils auch den Vorschriften nicht mehr genügten. Küng zeigte Bilder aus dem Innern der Gebäude: Provisorische Garderoben in Lagerräumen, zu kleine Aufenthalts- und Sitzungszimmer, enge Wasch- und Sanitäranlagen, die nicht einmal geschlechtergetrennt seien. Das gesamte Gebäude müsste dringend saniert werden; die geschätzten Kosten dafür betragen über 4,5 Millionen Franken – das Platzproblem bliebe damit jedoch ungelöst. Ein eindrückliches Beispiel: Ist bei einem Einsatzfahrzeug der Feuerwehr die Tür geöffnet, bleibt der Zugang zum benachbarten Fahrzeug versperrt. Kein beruhigendes Szenario, wenn im Ernstfall jede Sekunde zählt.
Ein moderner Zweckbau, kein Luxusbau
Die geplante Lösung ist ein moderner Zweckbau, der einen effizienten Betrieb unter Nutzung der Synergien beider Institutionen ermöglicht. Das funktional durchdachte und nachhaltige Gebäude soll den steigenden Anforderungen von Einsatzkräften, Bevölkerungsschutz und technischer Infrastruktur langfristig gerecht werden, so Küng. Als geeigneter Standort habe sich nach eingehender Prüfung die gemeindeeigene Parzelle an der Wittenwilerstrasse neben dem Skatepark herauskristallisiert. Dort sei der Bau ohne Umzonung möglich, und es müsse kein zusätzliches Bauland gekauft werden.
«Wir rechnen mit Baukosten inklusive 5 Prozent Reserve von 18,9 Millionen Franken, das entspricht einem Kubikmeterpreis von 600 Franken. Daraus wird deutlich, dass wir keinen Luxus-, sondern einen reinen Zweckbau planen.» Küng erläuterte weitere Zahlen, präsentierte verschiedene Varianten und erklärte den Kostenteiler nach Nutzungsschlüssel: 45 Prozent für die Feuerwehr und 55 Prozent für das EW, was die funktionale Nutzung des Gebäudes widerspiegelt.
Der Feuerwehr-Anteil wird zu 30 Prozent von der Gebäudeversicherung subventioniert. Zusätzlich wird eine Erhöhung der Feuerwehrersatzabgabe von heute 10 auf künftig 15 Prozent in Erwägung gezogen. Auch der Verkauf der bestehenden Liegenschaft an der Schulstrasse trage zur Finanzierung bei.
Für das EW ist die aktuelle Situation so, dass die Werke der Gemeinde heute jährliche Mietkosten von 130’000 Franken zahlen, was zu günstig sei und durch Steuergelder quersubventioniert werde. Die neue Lösung sieht ein Stockwerkeigentum vor, das gegenüber der bisherigen Variante finanziell vorteilhafter sei.
Um zusätzliche Mittel zu beschaffen, sei in absehbarer Zeit eine deutliche Erhöhung der Wassergebühren geplant: «Die Sparte Wasser arbeitet seit Jahren defizitär. Wir werden die Zinsen von 1,20 auf 2,40 Franken pro 1000 Liter verdoppeln müssen. Noch ist es nicht so weit, aber darüber müssen wir nachdenken.»
Bevor der Gemeindepräsident die Fragerunde eröffnete, erläuterte er die erwartete Neuverschuldung für Feuerwehr und EW, die jedoch keine Erhöhung des Steuerfusses nach sich ziehen soll.
Erhöhung des Steuerfusses grösste Sorge im Saal
Die Fragen aus dem Publikum drehten sich fast ausschliesslich um die Sorge, dass die Steuern steigen könnten. Matthias Küng beantwortete geduldig alle Einwände, Bedenken und Fragen und wies darauf hin, dass es bei der Diskussion nicht um den Steuerfuss, sondern um den Projektierungskredit von 800’000 Franken gehe. «300’000 davon hat der Souverän in den letzten zwei Jahren bereits genehmigt, eigentlich geht es nur noch um 500’000, damit wir das Projekt fertig planen können.»
Er verteidigte den aktuellen Steuerfuss und erklärte, dass in den vergangenen Jahren erhebliche Schulden abgebaut worden seien – «sogar mehr als geplant». Küng versicherte, dass die Investition in das neue Gebäude keine Steuererhöhung nach sich ziehen werde, allerdings auch keine Senkung in naher Zukunft zu erwarten sei. Der Nettoverschuldungsquotient liege derzeit bei 150 Prozent und sei innerhalb von drei Jahren um über 50 Prozent gesunken.
Von mehreren Votanten wurde die Vorgehensweise hinterfragt: Ob verschiedene Varianten für zwei getrennte Gebäude geprüft wurden, ob ein Zusammenschluss mit anderen Feuerwehren in Betracht gezogen wurde und was mit dem ebenfalls zu klein gewordenen Werkhof geschehe. Lediglich die Frage nach der Bauweise und den Baumaterialien konnte Küng nicht beantworten, da es zunächst nur um den Projektierungskredit gehe, der der Ausschreibung vorausgehe.
Nach über einer Stunde wurde der Projektierungskredit von 800’000 Franken von den Stimmberechtigten mit 236 zu 31 Stimmen deutlich angenommen – im vollbesetzten Gemeindesaal wurde dies mit Applaus gefeiert.
Neue Regeln bei nicht realisierten Spielplätzen
Stefan Brunner, Gemeinderat für Raumplanung und Hochbau, stellte im nächsten Traktandum ein neues Reglement über Ersatzabgaben für Spiel- und Freizeitflächen vor. Es soll eine klare Regelung schaffen, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Flächen nicht realisiert werden können. Laut Baureglement müssen 10 Prozent der Hauptnutzungsfläche als Spiel- und Freizeitflächen genutzt werden. In Zentrums- oder Gewerbezonen ist das aber oft weder sinnvoll noch möglich. In solchen Fällen kann die Bauherrschaft bei Baubeginn eine einmalige Ersatzabgabe von 1500 Franken pro Quadratmeter leisten.
«Diese Einnahmen fliessen in eine Spezialfinanzierung, sind zweckgebunden und müssen für den Erhalt oder die Schaffung öffentlicher Spiel- und Freizeitflächen eingesetzt werden. Sie sollen einen Mehrwert schaffen», betonte Brunner. «Die Höhe der Abgabe orientiert sich an den durchschnittlichen Baulandpreisen im Aadorfer Zentrum. Wird statt eines Spielplatzes ein Gebäude errichtet, ist dieser Betrag mehr als gerechtfertigt.»
Eine Verpflichtung, Ersatzflächen in unmittelbarer Nähe zu schaffen, bestehe nicht – was das grösste Problem darstellt, da geeignete Flächen immer knapper werden.
Nach wenigen Fragen aus dem Publikum nach dem Umgang und der Höhe der erwarteten Einnahmen wurde das Reglement mit grossem Mehr angenommen.
Neuer Kostenteiler minimiert das Risiko
Das letzte Traktandum erforderte einen Rückblick auf das Jahr 2008. Matthias Küng betonte zu Beginn, es gehe nicht darum, mit dem Finger auf damalige Verantwortliche zu zeigen. Die Ausgangslage: Im August 2008 verkaufte die Politische Gemeinde Aadorf der Halag Chemie AG die Parzelle Nr. 451, im Dezember 2014 die Parzelle Nr. 1453. Beide Grundstücke standen aufgrund früherer Nutzung als inoffizielle Abfalldeponie und Kiesgrube im Verdachtskataster belasteter Standorte (KbS).
Die Parteien einigten sich damals darauf, dass, wenn bei einem Bauprojekt aufgrund Kontaminierung des Bodens Mehrkosten entstehen, die Gemeinde diese zu tragen hat, soweit sie sich aus den Anordnungen des Amtes für Umwelt des Kantons Thurgau ergeben. Die beiden Parteien unterzeichneten mit dem Verkauf eine entsprechende Vereinbarung, die jedoch unklar formuliert war. Aus dem Verkaufserlös der erste Parzelle resultierte aufgrund aufwändiger Sanierungsarbeiten am Ende gar ein Verlust für die Gemeinde. Bei der Ausübung des Kaufrechts für die zweite Parzelle versäumten es alle Beteiligten eine Klarstellung zu bewirken; die Folge ist eine noch weniger klare Rechtslage.
Die Firma Halag plant nun, rund zwanzig Jahre später einen Erweiterungsbau auf der ersten und der zweiten Parzelle, und verlangte von der Gemeinde die vollumfängliche Übernahme der Mehrkosten für die fachgerechte Entsorgung der Altlasten und der Sanierung des Bodens. «Der in Gesprächen gemeinsam vereinbarte Kostenteiler für den Anbau gibt die Situation vor Ort wieder: 60 Prozent kommen auf die erste, 40 Prozent auf die zweite Parzelle zu stehen. Angesichts der ursprünglichen Vereinbarung gerecht und hinsichtlich der enorm gestiegenen Anforderungen im Gewässerschutz für uns die beste Lösung», begründete der Gemeindepräsident den neuen Vorschlag und verwies auf weitere Details der Übereinkunft, die diverse Eventualitäten abdecke und damit Unsicherheiten ausschliesse. Die Halag gehe dabei in Vorleistung und die Gemeinde könne ihren Anteil von geschätzten 600’000 Franken auf die nächsten drei Jahre verteilt zurückbezahlen – am Ende stehe eine Saldoklausel und die Angelegenheit sei ein für allemal erledigt.
Fände das Ansinnen keine Mehrheit, stehe ein Gerichtsentscheid mit ungewissem Ausgang an, im schlimmsten Fall drohe der Gemeinde erneut die Übernahme sämtlicher Kosten in der Höhe von 1 Million: «Bluffen ohne Karten in der Hand ist ein schlechter Plan.» Vor diesem Hintergrund wurde der Antrag mit nur ganz wenigen Gegenstimmen angenommen.
Aktuelle Themen und Aussichten
Zum Abschluss der ausserordentlichen Gemeindeversammlung gab Matthias Küng einen Überblick über laufende und anstehende Projekte des Gemeinderats. Dazu zählen der Ausbau der schulergänzenden Betreuung (SEB), die Abschaffung der Liegenschaftsteuer sowie die Umsetzung des Verkehrskonzepts, das im Dezember an der Gemeindeversammlung vorgestellt wird.
Zum Schluss lud er alle ein, an einer der bevorstehenden Bundesfeiern in Aadorf teilzunehmen. Vor dem Apéro konnten die Anwesenden letzte Fragen und Anregungen einbringen. So wurde bekannt, dass die Guntershausener noch Geduld haben müssen, bis ihr Bahnhof modernisiert wird. Ähnlich sieht es für die Wittenwiler aus, die frühestens mit dem Fahrplanwechsel 2029 ans öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen werden. Gut Ding will eben Weile haben.
MARIANNE BURGENER