Glauben verbindet die Welt
09.03.2023 ElggDer erste Freitag im März steht für die grösste Bewegung christlicher Frauen: der Weltgebetstag. Über Landesgrenzen hinweg widmen sie sich jedes Jahr einer neuen Destination. Auch hier machten sich sieben Frauen für ein ausgewähltes Land stark und brachten ...
Der erste Freitag im März steht für die grösste Bewegung christlicher Frauen: der Weltgebetstag. Über Landesgrenzen hinweg widmen sie sich jedes Jahr einer neuen Destination. Auch hier machten sich sieben Frauen für ein ausgewähltes Land stark und brachten asiatischen Wind in die katholische Kirche.
Gebete verändern nicht die Welt, doch sie ändern Menschen und erinnern daran, nie allein zu sein. Inwieweit sie in Erfüllung gehen, kann niemand sagen, doch umsonst werden sie gewiss nicht sein. Viele davon werden am Weltgebetstag (WGT) ausgesprochen. Der Feiertag am ersten Freitag im März stellt die weltweit grösste Bewegung von Frauen aus vielen christlichen Traditionen dar. Die Idee dabei lautet, miteinander Lebensund Glaubenserfahrungen zu teilen und als Schwestern die Welt so mitzugestalten, dass alle in Würde leben können. Missionsvereine verbreiteten dieses Solidaritätsbestreben 1936 auch in der Schweiz. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte die Sehnsucht nach Frieden und Versöhnung dazu, dass sich viele der Organisation anschlossen. 1950 fand hierzulande der erste offizielle WGT statt. Auch in der katholischen Kirche St. Georg traf man sich am ersten Freitag des Monats, um gemeinsam zu feiern – so wie es 170 Länder und Regionen an diesem Datum tun. Die dazugehörende Liturgie wird in zahlreiche Sprachen zur Verfügung gestellt. Jedes Jahr steht ein neues Land im Mittelpunkt. Dank Margherita Fasani, Marion Valsecchi, Kathrin Ruckstuhl, Marianne Roost, Yvonne Fuchs, Shantoya Oppliger, Anna Schmidt und der grosszügigen Hilfe einiger Familienangehörigen konnte auch im Flecken ein WGT-Gottesdienst stattfinden.
Taiwanische Frauen im Zwiespalt
Brief 3 richtet sich an Schwester Jojo: «Als du jung warst, hat dein Vater verlangt, dass du eine Arbeitsstelle antrittst und wollte nicht, dass du deine Ausbildung fortsetzt. Seiner Meinung nach brauchten Mädchen keine, sie sollten besser heiraten. Du hast jedoch darauf bestanden, dein Studium fortzuführen. Du hast Gott gebeten, dir Weisheit zu geben, um deinen Vater umzustimmen …»
Eine Nachricht an ein Land, das es offiziell nicht gibt, nahe der Küste Chinas gelegen: Taiwan. Es beherbergt 23,6 Millionen Einwohner. Die Bevölkerung besteht zum grössten Teil aus Nachkommen von seit mehreren Jahrhunderten Ausgewanderten Chinas. Die Insel ist reich an natürlichen Ressourcen und weltweit als das Königreich der Orchideen bekannt. Mit «Ich habe von eurem Glauben gehört» greifen die WGT-Frauen aus Taiwan den Anfang des Epheserbriefs auf. Ihre Glaubensgeschichten erzählen vom selbstlosen Handeln vieler Frauen für ihre Familien, gesellschaftlich Benachteiligte und die Umwelt.
Das Christentum kam im 17. Jahrhundert mit der spanischen und niederländischen Kolonialisierung auf die Insel und gehört mit 6,5 Prozent zu einer Minderheitsreligion. Bezüglich religiöser Vielfalt landet Taiwan in der Weltrangliste unter den Spitzenplätzen. Seit 1935 wird dort der WGT gefeiert. Viele Staaten wie die Schweiz haben aus Angst vor China keine diplomatischen Beziehungen zur Insel. Die Volksrepublik verweigert ihr den Namen, nennt sie nach der Hauptstadt Taipeh und droht mit Rückeroberung. In Asien gehört Taiwan zu den Pionierinnen in Sachen Geschlechtergerechtigkeit. Über das Wahlrecht verfügen Frauen seit 1946. Doch den modernen Freiheitsrechten stehen altüberlieferte, ungleich verteilte Pflichten aus einer hierarchisch gegliederten Gesellschaft gegenüber; alte Rollenbilder verursachen viel Leid. In der konfuzianisch geprägten Bevölkerungsminderheit ist die Frau immer noch Dienerin des Mannes und ihm unterstellt. Bildung, wirtschaftlicher Fortschritt und neu gewonnene Freiheiten werden nach wie vor unterdrückt.
Mit einem Teil der gesammelten Kollekte werden verschiedene Projekte realisiert, um das jeweilige Herkunftsland der Liturgie zu unterstützen. Durch Arbeitsvermittlung für Frauen, Zufluchtsorte für Migrantinnen, Stärkung der feministischen Theologie in Asien, Unterstützung von Kindern bei häuslicher Gewalt, Schutz und Bildung für ledige junge Mütter und viele weitere Initiativen wird Taiwan dieses Jahr von der ökumenischen WGT-Kommission unterstützt. Eine globale Gemeinschaft, die jedes Jahr einen neuen Ort aufleuchten lässt und Hoffnung auf eine bessere Zukunft in die Welt hinausschickt.
JULIA MANTEL
Weitere Infos unter: www.wgt.ch