Gemeinde wehrt sich gegen die Baudirektion
13.01.2024 Elgg, Wenzikon, TiefensteinDer Kanton plant die Siedlung Tiefenstein auszuzonen. Gemeindevertreter haben dafür kein Verständnis.
Der Kanton will die Bautätigkeit in Aussenwachten einschränken. In der Region Winterthur sind mehr als 70 davon betroffen. So hat es die Zürcher ...
Der Kanton plant die Siedlung Tiefenstein auszuzonen. Gemeindevertreter haben dafür kein Verständnis.
Der Kanton will die Bautätigkeit in Aussenwachten einschränken. In der Region Winterthur sind mehr als 70 davon betroffen. So hat es die Zürcher Baudirektion jüngst in ihrem angepassten Richtplan festgelegt. Ziel ist es, diese Weiler zu erhalten und damit das Landschaftsbild zu schützen. Damit will der Kanton die Vorgaben des Bundes umsetzen. Betroffen sind auch solche in Elgg, wo man mit den Plänen unzufrieden ist. Grund: Der Kanton teilte in der aufliegenden Richtplanrevision die Siedlungen Wenzikon und Tiefenstein als kantonale Weilerzonen ein. «Dagegen wehren wir uns», sagt Andreas Zwicky, Bereichsleiter Planung, Bau und Energie der Gemeinde. In Elgg möchte man die Siedlung Tiefenstein in der Bauzone behalten. Am liebsten auch Wenzikon. Hier ist aber die ländliche Ausprägung unverrückbar gegeben, eine Einteilung in die Bauzone daher chancenlos.
Auch mit der Einteilung des Oberhofs ist man nicht zufrieden. «Den möchten wir von der Landwirtschafts- in eine Weilerzone überführen lassen», sagt Gemeindepräsidentin Ruth Büchi-Vögeli. So seien künftige Umbauten einfacher möglich. Bereichsleiter Zwicky verfasst momentan eine entsprechende Stellungnahme. Übernächste Woche wird sich der Elgger Gemeinderat im Gremium dem Thema annehmen. Allzu viel Zeit verbleibt nicht mehr. Bis am 15. März können sich Gemeinden noch zur Wehr setzen – solange liegt der angepasste Richtplan zum Kapitel Weiler noch öffentlich auf.
Umzonung sei kaum nachvollziehbar
Besonders die Einteilung des Weilers Tiefenstein bei Hofstetten erachtet man in Elgg als ärgerlich. Dieser gehöre zwingend in eine Siedlungszone überführt. Die Kriterien dafür seien aus Sicht der Gemeinde erfüllt. Zudem gebe es noch leere Bauparzellen, die als Weilerzone nicht mehr mit Neubauten überstellt werden dürften. Die Einteilung in eine kantonale Weilerzone sei ein Problem, «da es dort noch unbebautes Bauland gibt», sagte jüngst auch die Gemeindepräsidentin gegenüber dem «Landboten».
Der Gemeinde nach erfüllt Tiefenstein die Kriterien für eine Siedlungszone. Dafür braucht es zum einen mindestens acht Gebäude. Zum anderen ein nichtländliches Prägungs- respektive Erscheinungsbild der Siedlung. «Sie besteht aus neun bewohnten Gebäuden und ist nicht durch ein speziell ländliches Bild geprägt», sagt Andreas Zwicky. Der Kanton allerdings spricht nun entgegen der ersten Beurteilung von einer «ländlichen Erscheinung trotz mehrheitlicher Wohnnutzung». Deshalb ist in den Augen der Baudirektion das zweite Kriterium in der Richtplanphase nicht mehr erfüllt, was es bei der ersten Beurteilung noch war. Für den Elgger Bereichsleiter Planung, Bau und Energie ist das unverständlich.
Fraglich erscheint ihm vor diesem Hintergrund aber noch was anderes: Der Kanton änderte gewisse Kriterien zuletzt selbst ab. Und zwar im Rahmen der Vernehmlassung zur Vorlage «Kleinsiedlungen ausserhalb der Bauzonen (Weiler)» – mit ihr sollen die rechtlichen Grundlagen für Kleinsiedlungen geschaffen werden. Anfänglich musste eine Siedlungszone aus mindestens 13 bewohnten Gebäuden bestehen. «Aufgrund vieler Einsprachen der Gemeinden hat man die minimale Anzahl dann aber auf acht heruntergesetzt», sagt Zwicky. Umso unverständlicher sei es deshalb, dass man Tiefenstein trotz aller gegenteiliger Argumentation als kantonale Weilerzone im Richtplantext listet.
Es geht auch um viel Geld
Klar ist schon jetzt: Sollte das Land künftig ausserhalb der Bauzone verbleiben, stellen sich Fragen hinsichtlich der Entschädigung. Hier steht einiges auf dem Spiel, zumindest für die Landeigentümer. Denn für sie geht es um viel Geld. Eine rund 1000 Quadratmeter grosse Bauparzelle würde bei einer Umzonung mehrere Hunderttausend Franken an Wert verlieren. «Wie eine allfällige Entschädigung aussehen könnte, ist noch immer nicht ganz klar. Gemäss einer diesbezüglichen kantonalen Rechtsabklärung wäre die Gemeinde entschädigungspflichtig, weil sie als letzte Instanz die Umzonung verfügen muss», erklärt Andreas Zwicky.
In einem Gutachten zur Entschädigungsfrage schreibt Rechtsanwalt und alt Bundesrichter Peter Karlen: «Auszonungen bewirken nicht in allen Fällen eine entschädigungspflichtige materielle Enteignung. Eine solche liegt vielmehr nur vor, wenn die Auszonung einen besonders schwerwiegenden Eingriff in das Eigentum zur Folge hat.»
Mit der Baudirektion im Gespräch
Elgg wehrt sich, wie auch in anderen Gemeinden, schon seit längerem gegen die anvisierten Auszonungen. Dass gegenwärtig bloss noch zwei Kleinsiedlungen als kantonale Weilerzonen eingeteilt sind, ist auch auf die bisherige Arbeit der Gemeindevertreter zurückzuführen. Im letzten Frühling setzten sie sich bei der Zürcher Baudirektion dafür ein, Weiler in der Bauzone beizubehalten. Mit dabei waren unter anderem Bereichsleiter Andreas Zwicky, Gemeinderätin Mirjam Lehmann-Schwager, zuständig für Planung, Bau und Energie, Gemeindepräsidentin Ruth Büchi und Gemeindeingenieur Philipp Rütsche. Erfolgreich waren sie rückblickend etwa mit der Siedlung Huggenberg, einem Weiler, der nun in die Bauzone zugeteilt werden soll. Ob sie auch mit Tiefenstein und dem Oberhof erfolgreich sein werden? «Wir bleiben dran», so Zwicky.
RAFAEL LUTZ