Festlicher Abschluss des Jubiläumsjahres im Dachstock
09.10.2025 ElggDas vollbepackte Jubiläumsjahr der Heimatschutz-Vereinigung ging mit dem Dachstuhlgeflüster zu Ende. Es war die letzte einer ganzen Reihe an Veranstaltungen, mit der die Vereinigung ihren Geburtstag mit der ganzen Elgger Bevölkerung teilte.
Im barocken Riegelbau an der ...
Das vollbepackte Jubiläumsjahr der Heimatschutz-Vereinigung ging mit dem Dachstuhlgeflüster zu Ende. Es war die letzte einer ganzen Reihe an Veranstaltungen, mit der die Vereinigung ihren Geburtstag mit der ganzen Elgger Bevölkerung teilte.
Im barocken Riegelbau an der Hintergasse 18 in Elgg feierte die Heimatschutz-Vereinigung mit dem Dachstuhlgeflüster ihren letzten Anlass im Jubiläumsjahr. Über die knarrenden Holztreppen, die bei jedem Tritt aus vergangenen Zeiten zu berichten schienen, gelangten die Gäste am Freitagabend in den stimmungsvoll ausgeleuchteten Raum. Die Stuhlreihen füllten sich langsam bis zum letzten Platz – in Erwartung eines reichbepackten Abends.
Den musikalischen Rahmen gestaltete Jonas Straumann mit sphärischen Klängen auf der Handpan. In ihrer Einleitung und Bekanntgabe des vielseitigen Programms blickte Präsidentin Sabine Stindt Rhiner zurück auf ein ereignisreiches Jahr, das im Februar mit dem Geburtstagsfest im Werkgebäude startete. Es folgten Feierlichkeiten in der Meise im Rahmen des «GrUm’25» und Mitte Juni lud die Vereinigung in die Untermühle zur Strandparty am Eulachstrand. Es folgte im August die Sommerchilbi und eben an diesem Abend die Abschlussveranstaltung im Dachstuhl des barocken Riegelbaus.
Nach einem musikalischen Intermezzo las Barbara Gut zwei Kurzgeschichten von Wolfgang Hildesheimer aus der Sammlung «Lieblose Legenden». Zuerst passend «Die Dachwohnung», danach eine lustig-groteske über einen Mann, den die gutgemeinten, aber geschmacklosen Geschenke seiner Umgebung zermürben, bis er schliesslich klein beigibt. Er fügt sich seinem Schicksal, bis die Wohnung so zugestellt ist, dass er nur mehr in seinem Bett liegen kann.
Von Toggli, Holzi und verschwundener Vielfalt
Nicht nur Literatur, sondern auch Zeitgeschichte fand Platz im Dachstock. Irene Rutishauser schilderte eigene Erinnerungen und Erlebnisse im historischen Haus, in dem sie früher selbst gewohnt hatte. Ihre Erzählung verwob sie zu einem Puppentheater-Krimi: Aus einem Korb stieg der ehemalige junge Besitzer, der vor Jahren durch ein Missgeschick im Dachstuhl eingeschlossen wurde und fortan sein Leben unter den alten Balken verbrachte. Dort machte er sich zur Hauptaufgabe, den Kobolden (sie nannte die Wichtel Toggli), die im Gebälk ihr Unwesen trieben, den Garaus zu machen. Er freundete sich mit dem Holzwurm «Holzi» an und half schliesslich der jungen Bewohnerin im Erdgeschoss, sich gegen einen vermeintlichen Toggli zu wehren.
Bevor Christoph Küffer auf äusserst humorvolle Art zum Fürsprecher für mehr Biodiversität auf Dachböden wurde, entführte Jonas Straumann das Publikum mit weiteren Klängen auf der Handpan, die mit sanfter Wärme der Kälte trotzten, die langsam die Beine heraufkroch. Küffers Darbietung war eine Mischung aus Ernsthaftigkeit und Humor: «Die Schweiz ist das Schlusslicht in Europa – bei uns sterben am meisten Arten im Vergleich mit unseren Nachbarn, das ist leider kein Witz.»
Eine der Ursachen sah er in des Schweizers Putzwut. In unserem Land werde alles sauber zubetoniert, jede Ritze abgedichtet und darauf geachtet, dass nicht einmal an Feldwegrändern etwas wachse, was nicht gewollt sei.
Um dem entgegenzuwirken, schlug er vor, dass: «Wir endlich anfangen, besser zu ‹brösmelen›. Wir sind nämlich immer darauf bedacht, beim Essen ja keine Brosamen zu hinterlassen. Wir werden nervös im Angesicht eines Gipfelis.» Ganz anders verhalte es sich bei unseren Nachbarn; in Frankreich verheisse bereits das Wort «Croissant» einen herzhaften Biss ins Gebäck. Er ermunterte die Zuhörerschaft zu mehr Mut und Unordnung – schliesslich könne sowohl das Putzen des Treppenhauses durch Aufsprühen eines Zitrus-Javel-Reinigungsmittels oder das Abspielen von Rasenmäherlärm die Arbeiten geschickt simulieren. Das Resultat sei mehr Biodiversität und mehr Zeit am Samstag, die für Gescheiteres genutzt werden könne.
Biodiverstitätskonzert im Dachstuhl
Komme die Biodiversität wieder zurück in unseren Wohnraum, könne man zirpende Siebenschläfer, raspelnde Holzwürmer und brüllende Fledermäuse hö- ren – die Bezeichnungen hätte er nicht etwa erfunden, die habe ihm KI genannt. Zur Beweisführung verteilte er dem Publikum verschiedene Rollen für Tierstimmen und lud zum gemeinsamen Konzert. Um den versiegelten Böden zu begegnen, empfahl er dem Theater zur Waage das Märchen-Ballett «Der Nussknacker» von Tschaikowski in «Der Asphaltknacker» umzuwandeln und als Instrumente Kompressoren einzusetzen. Als Bühne sollen die verschiedenen Elgger Gassen dienen.
Nach dieser Vielfalt an Geschichten, Erzählungen und Klängen waren alle eingeladen, den Abend gemütlich bei einem reichhaltigen Apéro ausklingen zu lassen. Um den Anweisungen Küffers zu folgen, wurde Focaccia gereicht, die beim Essen hoffentlich möglichst viele Brosamen auf dem Holzboden hinterliess, über die sich die eigentlichen Bewohner des Estrichs freuen durften. Bis sich diese allerdings darüber hermachen konnten, mussten sie sich lange gedulden.
MARIANNE BURGENER