«Es fühlt sich an, wie wenn man ein Kind bekommen hat»
31.10.2023 ElggIn der Untermühle kehrt demnächst wieder Leben ein. Die Heimatschutz-Vereinigung hat vor diesem Hintergrund die Geschichte des historischen Gebäudes mit einer Erinnerungskassette für die kommenden Generationen gewürdigt.
«Dieser ...
In der Untermühle kehrt demnächst wieder Leben ein. Die Heimatschutz-Vereinigung hat vor diesem Hintergrund die Geschichte des historischen Gebäudes mit einer Erinnerungskassette für die kommenden Generationen gewürdigt.
«Dieser ‹cheibe› Müller, der kommt immer wieder vor: Wiederholt wurde er zurechtgewiesen, weil er das Wasser nicht runterfliessen und er die Menschen im Trockenen liess», sagte Peter Trüeb am vergangenen Freitag in der Untermühle. Der Aktuar der Heimatschutz-Vereinigung Elgg hatte an diesem Tag dorthin eingeladen. Und dessen Geschichte stand entsprechend auch im Vordergrund.
Rund zwei Dutzend Personen versammelten sich an diesem Tag im Gebäude an der Eulach, um das Sanierungsprojekt im Haus Untermühle zu feiern und dessen Historie zu würdigen: Mit einer kleinen Metallkassette in einem Stahlrahmen, die hinter einen Bollinger-Sandstein an die Wand befestigt wurde.
«Fester und währschafter geht es nicht», sagte Trüeb, von dem auch die Idee stammte. In die sogenannte Erinnerungskassette fanden am vergangenen Freitag zahlreiche wichtige Papiere zum einstigen Mühlebetriebshaus ihren Weg, das 1668 gebaut wurde. Dazu zählten Dokumente zum Gebäude und allen Parteien, die zuletzt am Sanierungsprojekt beteiligt waren.
Dies sind unter anderem die Bauherrschaften der Heimatschutz-Vereinigung und der Elgger Genossenschaft für Wohnen, Arbeit und Kultur (WAK) sowie auch der Verein Rundum-Müli, der die Untermühle wieder zu einem Ort für Begegnungen machen will. Auch ein Exemplar dieser Zeitung, weitere Infos über die Gemeinde sowie ganze Handwerkerlisten wurden in der Kiste für kommende Generationen verewigt. So etwa Benjamin Hutterli von der Spenglerei Schnyder in Elgg. Anerkennung gab es auch für die Bildhauerin Judith Schröter und die Goldschmiedin Regine Brandt. Sie alle waren am Freitag auch vor Ort. Letztere fertigten den Sandstein an, der vom oberen Zürichsee kommt, hinter dem die Erinnerungskassette platziert wurde.
«Wir sind sehr gut unterwegs»
Die Absicht hinter der Kassette war es, damit die Erinnerungen zu kultivieren. «Die Architekten, die Baukommission, Bauleute, Spengler», sie gehören gewürdigt, betonte Trüeb. Der vergangene Freitag war in seinen Augen auch der richtige Moment, um ein Erinnerungszeichen zu setzen. Schliesslich kehrt nun wieder Leben in die Untermühle ein, die in den letzten Jahren leer stand.
«Es ist noch nicht alles fix und fertig. Aber wir sind sehr gut unterwegs», betonte Trüeb. Das Haus wird nun wieder genutzt. Die Mieter ziehen in den kommenden Tagen ins Atelier. Anfang Dezember sollen die öffentlichen Angebote geöffnet werden: ein Bistro, ein Säli und ein Co-Working-Büro. In den Obergeschossen hat man zudem Wohnungen und Ateliers gebaut. Die Wände zeigten sich am Freitag frisch gestrichen. Und Trüeb zeigte sich erfreut, dass die Mühle nun wieder das Dorfleben auffrische. «Wir sind nicht in der Untermühle, sondern im lebendigen Dorf Elgg», betonte der Aktuar der Heimatschutz-Vereinigung. Hierzu haben er und der Verein einen wichtigen Teil dazu beigetragen.
Bevölkerung steht hinter dem Projekt
Für die Gemeinde war schon lange klar: Das historische Gebäude muss in eigener Hand bleiben – und der lokalen Bevölkerung dienen. «Auch deshalb haben wir das Gebäude 2017 gekauft», sagte Erich Wegmann während des Anlasses gegenüber dieser Zeitung. Wegmann ist Präsident der WAK-Genossenschaft, die gemeinsam mit der Heimatschutz-Vereinigung Elgg das Gebäude besitzt.
Um das zu erreichen, haben die beiden Organisationen die Einfache Gesellschaft Untermühle Elgg (Egue) gegründet. 2021 unterzeichnete die Egue mit der Gemeinde einen Schutzvertrag. Sie war es auch, die das Konzept zur zukünftigen Nutzung des Gebäudes entwickelt und die bauliche Sanierung geplant hat. «Ich bin hellbegeistert. Das Ganze fühlt sich an, wie wenn man ein Kind bekommen hat. Eine Geburt», sagte Wegmann über die neu entstehende Untermühle. Erleichternd sei es gewesen, dass man beim Sanierungsprojekt nicht unter Zeitdruck gestanden sei. Auch die Bevölkerung steht hinter dem «Haus für ganz Elgg», wie die Untermühle zuweilen genannt wird. Im Frühjahr 2021 genehmigten die Stimmbürger für das Projekt ein Darlehen von 350’000 Franken. Ein Bruchteil dessen, was insgesamt für das Projekt an Kosten angefallen ist.
RAFAEL LUTZ