Elgger Michaelsmarkt mal ganz anders
03.10.2024 ElggNass, kalt und grau war angesagt für den traditionellen Michaelsmarkt letzten Samstag. Doch es war auch noch ganz viel mehr. Ein Einblick in einen ganz persönlichen und so ganz anderen Marktbesuch.
Normalerweise will ich, dass mich der Wecker früh aus den ...
Nass, kalt und grau war angesagt für den traditionellen Michaelsmarkt letzten Samstag. Doch es war auch noch ganz viel mehr. Ein Einblick in einen ganz persönlichen und so ganz anderen Marktbesuch.
Normalerweise will ich, dass mich der Wecker früh aus den Federn schrillen lässt an einem Elgger Markttag, denn ich möchte ja nichts verpassen. Dieses Mal ist es anders. Bei den Temperaturen und dem Wetter vom vergangenen Samstag entgeht mir bestimmt nicht viel, und darum mache ich mich erst eine gute Stunde nach Marktöffnung auf den Weg.
Und wie könnte es anders sein: Kaum bin ich draussen, fängt es an, noch stärker zu regnen. Doch frau schleppt nicht umsonst eine riesige Handtasche mit sich herum, und so wartet in deren Tiefe geduldig ein Not-Regenschirm, der nun zum Einsatz kommt.
Drei Stände und kaum ein Bein
Wie immer starte ich meinen Marktbummel auf dem Lindenplatz – und erschrecke zuerst einmal. Dass bei diesem Wetter weniger Stände und Volk anzutreffen sind als bei eitel Sonnenschein, darauf war ich vorbereitet. Doch nicht auf den Anblick von drei einsamen Ständen und kaum einem Bein auf dem grossen Platz.
Beim Anblick der Strickwaren fällt mir – passend zu den Temperaturen – ein, dass ich neue fingerlose Handschuhe brauche. Das Geschäft ist schnell erledigt, und schon jetzt bin ich ganz zufrieden mit meinem Marktbesuch.
Staunend komme ich an einem Stand mit Aromaöl und einem mit Klangschalen vorbei. In Gedanken freue ich mich über diesen so ganz anderen, neuen Marktzugang und habe vor, später nochmals zurückzukommen. Es wird beim Vorhaben bleiben, wofür ich mich ein bisschen schäme, um ehrlich zu sein. Aber nur ein bisschen – immerhin ist das Leben dazwischengekommen, wie Sie gleich lesen werden.
Sugus, Blumen und Pelerinen sorgen für Farbe
Kaum an den Klangschalen vorbei, traue ich meinen Augen kaum: Wow, da sind ja viele Menschen – und viele Stände! Ich bin kurz davor, mir die Augen zu reiben. Doch stattdessen grüsse ich nach links und rechts, registriere freudig weitere neue Stände und einen, der länger nicht dabei war und nun offenbar wieder zurückgekehrt ist: Vergissmeinnicht-Floristik verschönert den Kirchenparkplatz endlich wieder. Und vor allem sorgen die Blumen zusammen mit der fröhlichen Regenbekleidung einiger Marktbesucherinnen für viele, viele Farbtupfer im wettermässig eher grauen Morgen.
Ihnen gleich tun es die Belohnungs-Sugus am benachbarten Stand der reformierten Kirchgemeinde. Auch da will ich dann noch vorbeischauen und mir das Geschicklichkeitsspiel genauer anschauen. Es kommt, Sie ahnen es, anders.
Ein paar Schritte weiter, bei Johann, um genau zu sein, erstehe ich eine Packung Dinkelnudeln. Da fällt es mir auf: Der Claro fehlt! Und das habe ich, glaube ich, in den letzten vier Jahren kaum je erlebt. Ein Kontrollblick beruhigt mich: Turi ist da und die Lebensmittelstände auf dem Meisenplatz auch. Soweit also alles in Ordnung. Und ach ja, die Rösslikutsche ist auch da, eine der angekündigten Attraktionen.
Wenn Gewohnheiten ändern
Weil es mir zu diesem Zeitpunkt durchaus noch bewusst ist, dass ich nicht nur privat, sondern auch als Autorin dieses Artikels unterwegs bin, mache ich ein paar Fotos und beschliesse, zu ebendiesem Zweck einen Blick in die Kaffeestube zu werfen, die dieses Mal vom Frauenturnverein geführt wird. Und ab da nimmt der Morgen einen sehr aussergewöhnlichen Verlauf.
Zuerst ist zu sagen, dass die Fotos in der Kaffeestube nichts wurden, sorry. Aber voll war’s, brechend voll, was mich für die fröhlichen und fleissigen Turnerinnen sehr freut. Drinnen kein Platz und draussen blödes Wetter. Aber im Vorraum lacht mich der kleine Bistrotisch samt Stuhl an und ich beschliesse, eine kurze Pause einzulegen und auf die üblichen «Kafi-Gspändli» zu warten.
Normalerweise treffe ich mich an Markttagen mit meinen Eltern in der Kaffeestube und auch mit Monika und Erich. Erstere haben abgesagt, aber letztere tauchen sicher über kurz oder lang auf – oder sonst Gemeinderatskollege Daniel samt Gattin Claudia. Die habe ich von weitem irgendwo im Getümmel erspäht, und dass die einen Besuch in der Kaffeestube auslassen, kann ich mir nicht vorstellen. Sie tun es aber dennoch, ebenso wie Monika und Erich, was ich aber erst kurz vor 12 Uhr merken werde und kaum glauben kann.
Wie auf einer kleinen Insel
Item, also sitze ich da und sehe Susi als Kaffeestube-Helferin beim Saaleingang stehen. Wir waren zusammen im KV in einer Klasse und die Winterthurerin zog nach Elgg, vermutlich während meiner 13 Jahre im Ausland. Wann genau, habe ich, ehrlich gesagt, nie gefragt.
Jedenfalls begrüssen wir uns, und mir fällt ein, dass mich ein Mitschüler angeschrieben hat und fragte, ob wir nicht mal eine Klassenzusammenkunft organisieren wollen. Susi holt mir einen Kaffee, sich einen Süssmost und einen Stuhl. So sitzen wir draussen im Vorraum am Bistrotisch und quatschen. Über die Arbeit, über Neophyten, über das Leben, über die Zeit im KV… Um uns herum findet draussen der Markt und der Auftritt eines Clown-Duos statt, Menschen ziehen an uns vorbei in die Kaffeestube und wieder hinaus. Unser Gespräch wird auch öfters unterbrochen durch Zwischengespräche, aber wir sitzen an diesem Tisch wie auf einer eigenen kleinen Insel, so zumindest kommt es mir vor. Gänzlich unerwartet und vielleicht gerade darum so lustig, bereichernd und schön, so empfinde ich es. Und darum ist dieser Marktartikel nun so ganz anders als sonst. Aber eben, normal kann ja bekanntlich jeder …
Epilog
Damit nicht gleich alle Marktrituale an einem Tag gebrochen werden, bestelle ich mir die obligatorische Portion Pommes bei «Kurvensalz». Beim Warten und Essen komme ich mit Martin ins Gespräch. Wir waren zusammen in der gleichen Klasse in der Elgger Sek und haben uns seither höchstens mal flüchtig gesehen, aber so richtig unterhalten, auch nur für ein paar Minuten, das haben wir uns eigentlich nie. Bis eben letzten Samstag, an einem Stehtisch am Elgger Michaelsmarkt.
Auch wir reden unter anderem über eine mögliche Klassenzusammenkunft und/ oder ein Jahrgängertreffen. Sie dürfen jetzt also gespannt sein, ob zumindest eine dieser zwei heute besprochenen Klassenzusammenkünfte stattfindet – und in welchem Zeithorizont. Mit zwei Schalen herrlicher, regionaler Himbeeren, die ich zwischendurch mal erstanden habe, und einem warmen Gefühl verlasse ich den Elgger Markt. Und dieses Gefühl liegt übrigens nicht nur an den göttlichen Pommes.
STEPHANIE HUGENTOBLER