Eine lebendige Vernissage mit viel Lokalbezug
10.06.2023 AadorfHans Suter dürfte in der Umgebung kein Unbekannter sein – wenn auch erst auf den zweiten Blick. Das neuste Buch «Elf Schwestern» des in Wittenwil geborenen Schriftstellers erzählt vom Leben in der Region im letzten Jahrhundert. Entsprechend gross das Interesse an ...
Hans Suter dürfte in der Umgebung kein Unbekannter sein – wenn auch erst auf den zweiten Blick. Das neuste Buch «Elf Schwestern» des in Wittenwil geborenen Schriftstellers erzählt vom Leben in der Region im letzten Jahrhundert. Entsprechend gross das Interesse an der Vernissage.
Der Autor wurde dem Publikum zuerst vorgestellt; anwesend nebst vielen bekannten Gesichtern auch der Verleger Dr. Manfred Hiefner. Die Schaffensliste des 83-jährigen Hans Suter ist äusserst beeindruckend, hat er doch unzählige Hörspiele und Satiresendungen produziert, in Theaterstücken und Fernsehfilmen mitgewirkt und ist der «Vater» von Kommissar Freuler. Renate Flückiger, Leiterin der Bibliothek Aadorf, beleuchtete den Werdegang des Schriftstellers, bevor sie ihre Fragen an ihn richtete.
Nach einer handwerklichen Berufslehre besuchte er die Schauspielschule und besetzte verschiedene Theaterrollen. Daneben begann er romane und Krimis zu schreiben. Dass er damit anfing, sei eher dem Zufall geschuldet, wie er erklärte: «In einigen Projekten wurde gewünscht, dass die Schauspieler eigene Szenen schrieben. Meine Vorschläge stiessen auf viel Zuspruch, so begann ich Hörspiele zu schreiben. Das war der Ursprung.»
Sein neustes Werk, das Buch «Elf Schwestern», ist eine biografische Erzählung über das Leben seines Grossvaters und dessen Familie in Aadorf; Suters Vater wuchs mit einem Bruder und elf Schwestern auf. Die Grossmutter sei insgesamt 16-mal schwanger gewesen, habe sechs Jahre ununterbrochen gestillt – in der heutigen Zeit schier unvorstellbar. Das erste Kind wurde 1886 geboren, das letzte 1909. Die Familie lebte von den Einnahmen, die der Vater auf seiner Schifflistickmaschine im Keller erarbeitete. Dies unter Mithilfe seiner Frau und der Töchter, die mit ihren kleinen Händen geschickte Arbeiterinnen waren, bis die Krise Ende der 1920er-Jahre der Heimstickerei ein Ende setzte.
Über ihr aller Leben, ihre Entwicklung, Kinder, Nichten und Neffen, unter ihnen auch der Autor, der sich im Buch Daniel nennt, erzählt die Geschichte. Sie führt die Leser zurück zu Generationen, die es so nicht mehr gibt, zu Vorkriegszeiten, in denen jedes Familienmitglied mithelfen musste, um ein halbwegs ordentliches Auskommen für alle zu sichern. Es ist ein Sittenbild, manchmal tragisch, traurig oder banal, immer aber wahrheitsgetreu, meist mit einer Prise Humor. Die Begebenheiten scheinen aus längst vergangener Zeit, liegen aber nur etwas über 100 Jahre zurück.
Die Familie Gwerder heisst eigentlich Suter
Hans Suter fesselte die Zuhörerschaft nicht nur mit den Passagen, die er vorlas, sondern vor allem mit der Beschreibung, wie er an seine Informationen gelangte. So fand er in den alten Unterlagen zum Beispiel den Bürgerrechtsvertrag, für den sein Grossvater 400 Franken bezahlen musste. Vom sonntäglichen Ausflug des Familienoberhaupts auf den Schauenberg, um dem Kindergeschrei zu entfliehen, hatte ihm der eigene Vater berichtet.
Für sein Buch holte der Schriftsteller von den noch lebenden Onkeln und Tanten oder deren Kindern das Einverständnis ein. Der echte Familienname Suter wandelte er in Gwerder um: «Ich wollte nicht ein Buch schreiben, das voller Suters steckt und auf jeder Seite darauf treffen. Mein Vater behauptete, unsere Familie stamme ursprünglich aus dem Muotathal. So habe ich mich kurzerhand eines anderen Namens dieser Herkunft bedienen wollen. Die Wahl fiel auf Gwerder.» Die Anekdote vom Schulaufsatz über die Aadorfer Feuerwehr, die einen Klassenkameraden eines der beiden Gwerder-Buben nachhaltig zum Gespött machte, war im Saal gar dem einen oder anderen bekannt. Ebenso die Schilderungen des zugefrorenen Eisweiers, und dass Teile des Eises zur Kühlung von Getränken und Lebensmitteln verwendet wurden.
Viel direkter Bezug zur Geschichte im Publikum
Im Nachgang zur Lesung diverser Kapitel entspann eine angeregte Diskussion unter den Gästen über einzelne Protagonisten der Geschichte, Gebäude und Orte, wo sie sich zugetragen hatte; vor allem aber über das Schicksal der ansässigen Stickindustrie. Gefragt nach seinen Plänen, führte Hans Suter aus, dass er aktuell an einem weiteren Krimi arbeite, aber «ich weiss noch nicht genau, wo ich ihn ansiedeln soll, ob wieder in Bern oder doch woanders. Der Plot für die Geschichte steht». Er verriet, dass er lieber am Morgen schreibe und seine Arbeit nicht etwa von Hand, sondern mit einem Mac erledige. Von Pensionierung will der Autor indes nichts wissen, Schreiben gehöre zu seinem Leben. Bevor er Widmungen in die gekauften Werke schrieb, erzählte er noch, dass das alte Schulhaus von 1860 in Wittenwil sein Geburts- und Elternhaus war. Die Eltern waren Abwarte während Lehrer Läubli unterrichtete.
Die lebhaften Gespräche gingen während des Apéros weiter, haben doch viele der Anwesenden einen direkten Bezug zum präsentierten Buch. Dass dieses erscheinen konnte, dazu trug unter anderem das Aadorfer Amt für Kultur, Freizeit und Sport bei. Die Entstehung wurde mit einem Beitrag gefördert, unter der Bedingung, dass das Buch verlegt und in Aadorf anlässlich einer öffentlichen Lesung präsentiert wird.
MARIANNE BURGENER