Ein überaus gelungener Pilotanlass ruft nach Fortsetzung
01.10.2024 ElggOb sich das Wort «klein» beim erstmals durchgeführten Kunstfestival im Theater zur Waage auf die Bühnengrösse, die Anzahl Zuschauerplätze oder die Dauer bezog, ist nicht klar. Sicher ist, dass es sich nicht auf das Gebotene bezog. Denn das war alles andere ...
Ob sich das Wort «klein» beim erstmals durchgeführten Kunstfestival im Theater zur Waage auf die Bühnengrösse, die Anzahl Zuschauerplätze oder die Dauer bezog, ist nicht klar. Sicher ist, dass es sich nicht auf das Gebotene bezog. Denn das war alles andere als klein.
Den Anfang machten um 14 Uhr die beiden Musiker Rahel Cunz (Geige) und Rafael Rütti (Klavier) mit der Violinsonate Nummer 1 von Robert Schumann – im zweiten Durchgang zwei Stunden später präsentierten sie die zweite. Beiden Sonaten eigen ist eine leidenschaftliche, düstere Grundstimmung mit einem intensiven Zusammenspiel der zwei Instrumente. Das Publikum im Kellertheater quittierte die tongewaltige Darbietung mit grossem Applaus.
Manch jemand mochte sich gefragt haben, warum sich plötzlich so viele Kinder für klassische Musik begeisterten. Allerdings waren sie weniger ihretwegen, dafür umso mehr wegen der feinen Kuchen und vor allem des Clownduos «Schanz & Ganz» zugegen; bestehend aus Lea Ganz und Brigitte Schanz, beides ausgebildete Clowninnen. An ihnen hätte auch Schumann seine Freude gehabt, war sich Veranstalter Simon Berger sicher.
Als nächstes folgte das Trio «Donne & Corde» – zu Deutsch Frauen und Saiten. Eine der Musikerinnen, die Elggerin Priska Herzog-Beerli, dürfte dem Publikum bestens bekannt sein. Mit ihr auf der Bühne, oder treffender, dem Teppich, spielten Patricia Bächtold Billwiller und Sylvia Yersin klassische Gitarre; ein Instrument, das alle drei studiert hatten. Sie verzauberten die Gäste mit melancholischen Fado-Klängen.
Lieder dieses portugiesischen Stils handeln meist von unglücklicher Liebe, sozialen Missständen, vergangenen Zeiten oder der Sehnsucht nach besseren Zeiten. Nach Portugal ging die Reise weiter nach Argentinien und Spanien, wo sie mit einem Stück aus einer Oper (viel zu früh) endete.
Oper im Miniformat und Reggae-Musik aus Elgg
Nach einem kurzen Umbau folgte ein weiterer Leckerbissen. Unter dem Titel «Opernminiatur» setzte sich Pianistin Daniela Baumann ans Klavier und Countertenor Elmar Hauser auf einen kleinen Holzstuhl. Was dann geschah, sucht wohl seinesgleichen: Hauser, im Kellertheater kein Unbekannter, spielte Alfons Bögli, zuständig für Beratungen und Auskünfte im Amt für Opern. Mit seiner Mimik brachte er die Kleinen zum Lachen, mit seinem Gesang die Grossen zum Staunen. Der Auftritt war eine Mischung aus Comedy und Oper: Wer hat schon jemals eine Pianistin während ihres Spiels Wodka, Prosecco und Tabletten konsumieren sehen? Oder einen Tenor, der sich in aller Ruhe ein Sandwich toastet und dieses mit unglaublich viel Mayonnaise aus der Tube garniert und in diesen kulinarischen Wahnsinn auf der Bühne hineinbeisst? Nach einer halben Stunde mit verschiedenen Liedern von Christoph Willibald Gluck, Georg Friedrich Händel sowie Jürg Rüthi von der Kantonsschule Rychenberg war Schluss. Zum Glück für die Zuschauer wurde die Mini-Oper während des Festivals dreimal aufgeführt; schlecht allerdings für die Linie der beiden Künstler. Immerhin wechselte der Grossteil der Kalorienbombe nach der Vorstellung den Besitzer, der ermahnt wurde, das Teil draussen zu essen und nachher die Hände zu waschen …
Den Schlusspunkt dieses Blocks machte der Elgger Mathias Oppliger alias «Earthling Mato». Die Texte des Reggae-Sängers mit Gitarre drehen sich um zeitkritische Themen wie Macht, Geld und Umwelt. Die meisten seiner Lieder schreibt er selbst, im Repertoire finden sich jedoch ebenfalls Coverversionen seiner jamaikanischen Vorbilder. Viel zu kurz schien ihm die halbe Stunde, von seiner Liste hatte er längst nicht alle Songs gespielt – er versprach, beim nächsten Auftritt zu späterer Stunde dort weiterzumachen, wo er aufgehört hatte.
Eine gute Gelegenheit, Neues kennenzulernen
Diese Art von kurzen Konzerten, die sich während des Festivals mehrmals wiederholten, gab einerseits den Besuchern die Chance, Neues kennenzulernen und andererseits den vielseitigen Kunstschaffenden eine gute Plattform, sich zu präsentieren. Das durchstrukturierte Programm, an das sich Berger fast auf die Minute hielt, bot die Gelegenheit, bereits Gesehenes auszulassen oder etwas, das besonders gefiel, ein weiteres Mal zu besuchen.
Der Pilotanlass des kleinen Kunstfestivals darf auf jeden Fall als sehr gelungen bezeichnet werden. Simon Berger betont, dass sämtlichen Darstellern faire Gagen für ihre Auftritte bezahlt würden, nicht nur an dieser, sondern an allen Vorstellungen des Theaters zur Waage. Dabei ist die gesprochene Unterstützung durch die Gemeinde Elgg eine grosse Hilfe. Nebst der Gemeinde und Sponsoren aus dem Gewerbe bedankte sich ein sichtlich zufriedener Veranstalter auch bei seinen Gästen: «Ohne Publikum würde die ganze Chose nämlich nur halb so viel Freude bereiten!»
Dass es diesem gefallen hatte, war nach jeder Darbietung unüberhörbar, jeder Künstler, jede Künstlerin wurde immer mit grossem Applaus verabschiedet. Auf eine erneute Durchführung des Anlasses wird gehofft, denn im ehemaligen Bank-Tresorraum scheinen noch viele (Kultur-) Schätze und Perlen verborgen.
MARIANNE BURGENER