Ein kommunikativer, gewinnender Gemeindeschreiber
31.05.2022 Elgg20 Jahre war Sonja Lambrigger Nyffeler Gemeindeschreiberin von Elgg. Ihr Nachfolger, Marcel Aeschlimann, arbeitete sogar noch etwas länger für die Gemeindeverwaltung Eschlikon, die letzten fast neun davon als deren Schreiber. An Erfahrung mangelt es dem «Neuen» also keinesfalls. Was bringt er sonst noch mit?
Erst seit ein paar Tagen ist der neue Gemeindeschreiber an seinem Arbeitsplatz im Gemeindehaus anzutreffen. Die ersten zwei Wochen im Mai hat er in Amerika verbracht, um einen richtigen Schnitt zwischen dem alten und dem neuen Ort zu machen. Nun aber hat er sich schon ein wenig eingerichtet und hat sich bereit erklärt, sich den Fragen dieser Zeitung zu stellen, damit die Elggerinnen und Elgger auch wissen, mit wem sie es künftig zu tun haben.
WARUM WOLLTEN SIE ESCHLIKON VERLASSEN UND WARUM HABEN SIE NICHT EINE GEMEINDE GEWÄHLT, DIE SICH MEHR UNTERSCHEIDET HINSICHTLICH DER GRÖSSE?
Den Wechsel habe ich mir nach über 20 Jahren einfach gewünscht, ich habe bereits die Lehre im Gemeindehaus gemacht, danach war ich zuständig für die Finanzen und schliesslich über acht Jahre lang Gemeindeschreiber. Ich bin in Eschlikon aufgewachsen, kenne alles in- und auswendig, alles kennt mich. Ich hatte eine sehr gute Zeit dort. Ich konnte die Strukturen mit aufbauen, war Leiter der Verwaltung; trotzdem, eine Veränderung hat sich nun fast aufgedrängt.
Dass es Elgg wurde, ist ein Zufall. Ich habe auch nicht aktiv gesucht, habe aber das Inserat in der Zeitung gesehen. Der Ort ist ideal, einerseits weil er in einem anderen Kanton liegt und andererseits, weil ich trotzdem gut von meinem Wohnort Münchwilen pendeln kann. Ich habe drei kleine Kinder und freue mich, dass ich manchmal über Mittag nach Hause kann. Ein grosser Anreiz ist sicher die Kantonsgrenze. Der Kanton Zürich hat etwas andere Abläufe und Prozesse als der Thurgau. Die Zusammenarbeit ist neu für mich, die Nähe zwischen den Behörden ist anders. Im Kanton Thurgau sind die Gemeinden tendenziell etwas autonomer; in Zürich wird beispielsweise die Jahresrechnung geprüft und alle zwei Jahre steht eine Revision durch den Bezirksrat an. Auch die offizielle Amtsübergabe ist etwas, das es im Thurgau so nicht gibt. Der Vorteil ist sicher, dass mehr Prozesse und damit Vorlagen bestehen. Details sind mir natürlich noch keine bekannt.
Ausserdem freue ich mich, die schönen Traditionen und den Charakter des Landstädtchens kennen zu lernen – Elgg ist wirklich sehr speziell. Diese Rückmeldung erhalte ich auch aus meinem Umfeld in Eschlikon, alle finden Elgg grossartig und rühmen es als schön und lässig.
EINE VERTRETERIN AUS DEM HANDWERKER- UND GEWERBEVEREIN HAT SICH ALS NEUGEWÄHLTE GEMEINDERÄTIN ZUM ZIEL GESETZT, DIE KOMMUNIKATION ZWISCHEN DEN BEHÖRDEN, DEM GEWERBE UND DEM DORFVEREIN ZU VERBESSERN. SIND SIE OFFEN FÜR DIE ANLIEGEN VON VEREINEN UND BEVÖLKERUNG?
Ja, das darf ich von mir behaupten, diese Eigenschaft konnte ich auch in Eschlikon unter Beweis stellen und habe nie etwas Gegenteiliges zu hören bekommen. Bürgernähe, Offenheit und eine Kultur der offenen Türe sind mir sehr wichtig – zwischen Behörden, Vereinen und Bevölkerung. Ich bin mir für kein Anliegen zu schade.
WAS MUSS DIE BEVÖLKERUNG VON ELGG ÜBER DEN NEUEN GEMEINDESCHREIBER WISSEN?
Dass ich ein offener Mensch bin, dass man sich mit sämtlichen Anliegen an mich wenden darf. Natürlich ist mir bewusst, dass ich nicht immer und alles unterstützen kann. Und natürlich muss ich mich zuerst einleben und die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat finden, ob und wer einer Bitte in welcher Form nachkommen kann.
Die Rolle als Bindeglied zwischen Gemeinderat und Verwaltung ist mir sehr wichtig. Die Verwaltung trägt die Vorgaben und die Kultur nach aussen. Die Menschen sollen gerne ins Gemeindehaus kommen.
Ich freu mich auf Anlässe im Ort, auf Gespräche mit den Leuten, auf die Nähe, ich kann mich mit Elgg jetzt schon identifizieren. Dafür besuche ich gerne Veranstaltungen an den Abenden und Wochenenden.
Ein Gemeindeschreiber mit Leib und Seele
WAS BEREITET IHNEN BESONDERE FREUDE?
Mein Beruf als Gemeindeschreiber. Das ist auch der Grund, warum ich nach über 20 Jahren nicht eine komplett andere Herausforderung gesucht habe, sondern nur eine, an einem neuen Ort. Die Vielfältigkeit der Aufgaben, die Möglichkeiten, die Zusammenarbeit im Team, die Arbeit als Bindeglied zwischen Gemeinderat und Verwaltung – all das macht mir extrem viel Freude.
Im Privatleben freue ich mich über jeden Moment mit meiner Familie. Wie sehr ich die Zeit mit ihr geniesse, wurde mir in Amerika bewusst, wo ich ohne Frau und Kinder hingereist bin. Die Familie erfüllt mich, sie macht Freude. Die kleine Tochter ist gerade mal acht Monate alt, die grössere im Chindsgi und der Bub mit fast drei Jahren mittendrin. Ich bin ein Familienmensch, aufgewachsen mit drei Geschwistern. Wir treffen uns noch heute jeden Sonntagabend bei unseren Eltern – zusammen mit unseren Kindern, wie eine richtige Grossfamilie. Dies prägt sicher meinen Charakter.
WOMIT KANN MAN SIE AUF DIE PALME BRINGEN?
Es braucht relativ viel, bis ich mich aufrege. Was ich aber echt nicht mag, ist so richtiges Beamtentum. Wenn innerhalb des Teams jemand das Gefühl hat, den anderen nicht unterstützen zu müssen, weil er glaubt, nicht zuständig zu sein. Abgehobenheit statt Bürgernähe, da müsste ich den Riegel schieben – das können wir uns nicht erlauben. Ich will eine moderne, offene und hilfsbereite Kultur, ich kenne es auch gar nicht anders.
Aus der Schulzeit hätte man mehr machen können
WAS WAR IHR LIEBSTES SCHULFACH?
Eine schwierige Frage, ich glaube es war Geografie, das mochte ich, wenn ich nachdenke. Ich bin grundsätzlich gerne zur Schule und war ein ganz passabler, durchschnittlicher Schüler ohne grosse Hochs und Tiefs. Im Nachhinein hätte ich vielleicht mehr machen können; mehr herausholen, zum Beispiel in Geschichte.
SPIELEN SIE EIN INSTRUMENT?
Nein, leider nein. Mein Einstieg war klassisch mit Blockflöte, aber das ging gar nicht.
… TALENTFREI?
Ja, ich glaube schon; und übungsfaul. Aber das lag vielleicht auch an der Lehrerin, die ich als nicht besonders unterstützend und verständnisvoll in Erinnerung habe.
Mit meinen Kindern werde ich das etwas anders aufgleisen. Ich möchte ihnen näherbringen, dass Musizieren etwas Schönes ist, aber sicher ohne Druck. Wir sind allerdings nicht eine sehr musikalische Familie, eher eine sportliche. So spielte ich früher Fussball und Tennis. Im Moment liegt in Sachen Sport nicht viel drin, aber das kommt schon wieder.
WELCHE PERSÖNLICHEN ZIELE HABEN SIE? WAS HABEN SIE SICH FÜR DIE NEUE HERAUSFORDERUNG BESONDERS VORGENOMMEN?
Ein Kernanliegen ist sicher die bereits erwähnte Kommunikation, dass hier ein Handlungsbedarf herrscht, ist mir bereits früher zu Ohren gekommen. Unter anderem auf einem der besuchten Wahlspaziergänge vor den Wahlen im März. Auch die Gemeindehomepage hätte einen Refresh verdient, da liegen bereits Unterlagen vor, sie hat ein gewisses Verbesserungspotenzial. Allgemein im Bereich der Digitalisierung ist, glaube ich, noch viel Potenzial vorhanden. Aber wie gesagt, ich muss mich zuerst etwas einleben und zurechtfinden. Es läuft wirklich viel in Elgg mit den ganzen Anlässen und Vereinen. Neu für mich ist die Zusammenarbeit mit einem Gewerbeverein und dem Dorfverein, zwei Institutionen, die es in Eschlikon nicht gibt. ich freu mich auf die Herausforderung, ich habe es mit allen Leuten gut, mit mir kann man reden, wie man so schön sagt. Sobald man sich persönlich mal getroffen hat, ist es danach viel einfacher, den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und ein Anliegen rasch persönlich zu klären.
Den Eindruck eines offenen, kommunikativen und kooperativen Gemeindeschreibers kann die Autorin nur bestätigen. Die «Elgger/Aadorfer Zeitung» bedankt sich für das spannende Gespräch und wünscht Marcel Aeschlimann eine erfolgreiche Zeit im Gemeindehaus. Herzlich willkommen!
MARIANNE BURGENER