Doch lieber Menschen als Lastwagen
21.10.2023 ElggWäre Andreas Steinemann der Familientradition gefolgt, wäre er Automechaniker geworden. Lieber aber wollte er Lastwagenmechaniker werden, auch wenn sein Vater ihm von Anfang an prophezeite, dass dieser Beruf nie seine Berufung würde. Später wurde er aber ...
Wäre Andreas Steinemann der Familientradition gefolgt, wäre er Automechaniker geworden. Lieber aber wollte er Lastwagenmechaniker werden, auch wenn sein Vater ihm von Anfang an prophezeite, dass dieser Beruf nie seine Berufung würde. Später wurde er aber Schulsozialarbeiter an der Sekundarschule – und nun neu auf Primarstufe.
Andreas Steinemann sagt: «Ich hatte keinen Plan, was aus mir werden sollte. Ausgerüstet mit einem gesunden Selbstbewusstsein entschied ich mich für die Lehre als Lastwagenmechaniker. Die Grösse der Lastwagen faszinierte mich – auch heute noch.» Nach der Lehre arbeitete er einige Jahre auf dem Beruf. Ihm wurde aber immer bewusster, dass er es nicht nur gut mit grossen Gefährten kann, sondern auch einen Draht zu den Menschen hat.
Steinemann entschied sich, in der Brühlgut Stiftung ein sechsmonatiges soziales Praktikum zu absolvieren. Doch schon während dem hintersann er sich, ob diese Arbeit wirklich das Richtige für ihn sei. Langsamkeit lag ihm nicht. Er hatte viel zu viel Energie, um sein Tempo zu drosseln. Es war die Arbeit mit menschen mit Beeinträchtigung, welche nicht zu ihm passte. Zum Glück ermunterte ihn ein Arbeitskollege, in der sozialen Arbeit andere Wege zu suchen. Er machte ein weiteres soziales Praktikum – diesmal in einem Schulinternat in Bülach. Dies passte. Steinemann wurde – obwohl ihm die Ausbildung fehlte – Miterzieher im Heim.
1999 drückte er erneut die Schulbank und absolvierte die Ausbildung zum Sozialarbeiter an der Fachhochschule in St. Gallen. «Streng ist es gewesen», sagt Steinemann. Weitere Jahre in Kinder- und Jugendheimen folgten. In der Buechweid war er sechs Jahre lang als sozialpädagogischer Gruppenleiter tätig. In dieser Zeit gründete er selbst eine Familie. Irgendwann wurde ihm klar, dass er eine berufliche Veränderung braucht und er kündigte mutig ins Blaue.
Beginn an der Sekundarschule Elgg
Genau in dieser Zeit wurde die Stelle als Schulsozialarbeiter an der Sekundarschule Elgg frei. Als Vater und Ehemann war Steinemann diese Stelle mit geregelten Arbeitszeiten sehr willkommen, doch natürlich habe er sich gefragt, ob es wirklich eine Option sei, in Elgg zu wohnen und gleichzeitig an der Schule zu arbeiten. «Aber», meint er, «es ist früher selbstverständlich gewesen, dass Lehrpersonen in der Gemeinde wohnten, wo sie unterrichteten.» Steinemann bewarb sich auf die Stelle und erhielt eine Zusage.
Er erklärt, dass dies in einer Zeit war, als die Schulsozialarbeit für das Schulsystem noch neu war. Viele Schulen und auch Lehrpersonen standen dem Konzept skeptisch gegenüber. Steinemann aber war überzeugt, dass dieser Ansatz ein guter ist. Zwangsplatzierungen in Heimen seien früher oft sehr schnell erfolgt. Auch mit der Schaffung der Kesb, der Kinder- und Erwachsenschutzbehörde, sei eine Professionalisierung erfolgt.
Das Ziel sei immer, mit den Betroffenen eine einvernehmliche Lösung zu finden. Schulsozialarbeiter bieten im Schulhaus Beratungen und Kriseninterventionen an, führen Projekte mit Gruppen und in Klassen durch. Sie beteiligen sich an sozialen und pädagogischen Fragen der Schulentwicklung, bieten Eltern eine Kontaktmöglichkeit zu erzieherischen Fragen und vernetzen die Schule mit anderen sozialen Dienstleistungsangeboten im Sozialraum.
Führt seine Arbeit an der Primarschule weiter
Steinemann gibt zu, dass er anfangs wohl eher als Fremdkörper in der Schule wahrgenommen wurde und er sich schon ein bisschen beweisen musste. Sein Vorteil sei aber gewesen, dass er von Heimen wusste, wie Schule und Wohnen zusammenspielen. Auch habe sein grosses Dienstleistungsverständnis stets geholfen, um gewisse Unsicherheiten von Lehrpersonen zu überwinden. Als persönliche Herausforderung empfinde er, immer wieder die Balance zwischen dem Individuum und der Gesellschaft zu finden. Wichtig sei für ihn, urteilsfreie Räume zu schaffen und Wege zu suchen, die für alle Beteiligten tragbar sind. Dazu gehört für ihn, Dynamik aus Situationen zu nehmen und lösungsorientiert zu arbeiten.
Seine Schulzeit miteingerechnet, hat Steinemann 14 Jahre an der Elgger Sekundarschule verbracht. Nun war es für ihn an der Zeit, sie hinter sich oder in gewisser Weise vor sich zu lassen: Auf das neue Schuljahr 2023/24 begann er seine Arbeit an der Primarschule Elgg. Der Schulsozialarbeiter freut sich auf die neue Herausforderung. Einfacher sei die Arbeit an der Primarschule nicht, aber anders. Steinemann schmunzelt: «Interventionen mit einer Handpuppe sind aber doch eher im Kindergarten und in der Primarschule die Regel als in der Oberstufe.»
ANJA C. WOLFER BAKA