Die neue Fahne als Zeichen der Identität und Verbundenheit
15.05.2025 ElggGefühlt ganz Elgg war am Muttertags-Morgen auf dem Meisenplatz, als die neue Fahne der Aschermittwochgesellschaft erstmals gezeigt und geweiht wurde. Dem feierlichen Akt voraus ging ein ökumenischer Gottesdienst, dem nicht weniger Publikum beiwohnte.
Die Äschlikompanie, das ...
Gefühlt ganz Elgg war am Muttertags-Morgen auf dem Meisenplatz, als die neue Fahne der Aschermittwochgesellschaft erstmals gezeigt und geweiht wurde. Dem feierlichen Akt voraus ging ein ökumenischer Gottesdienst, dem nicht weniger Publikum beiwohnte.
Die Äschlikompanie, das Musikcorps der Kantonspolizei Zürich im Gewand der Riesbach-Zunft, die Tambouren und Pfeifer, die Aschermittwochgesellschaft, Behördenvertreter, die «Compagnie 1861» des Unteroffiziersvereins (UOV) Uster in historischen Uniformen – sie alle – und die Aufzählung ist keinesfalls vollständig – fanden sich kurz vor Mittag auf dem Meisenplatz ein, um umringt vom Publikum die alte Fahne zu würdigen und zu verabschieden. Ihr neues behütetes Zuhause wird in der Obhut der Ehrenmitglieder sein, wie Toni Rebsamen, Präsident der Aschermittwochgesellschaft versicherte. Der Zeitpunkt für den Wechsel sei ideal gewählt, denn genau vor 500 Jahren, im Jahr 1525, sei der Äschli zum ersten Mal erwähnt worden.
Dann begrüsste er das neue Zeichen der Verbundenheit, das weit mehr «... als nur ein schönes Stück Stoff ist. Es ist ein Versprechen an die Zukunft. Die neue Fahne soll uns mit Stolz erfüllen – Sie lebe hoch! Hoch! Hoch!» Ein Ruf, der hundertfach mitgetragen wurde.
Der Ehrenpräsident der Gesellschaft, Hans Mäschli, schloss sich den Worten seines Vorgängers an und hob den Wert der Äschli-Tradition in und für Elgg hervor und betonte, dass die alte Fahne für eben diese Tradition stehe und nicht für Veränderung. «Leider hat sie im Laufe der Jahre etwas an Glanz verloren.» Es sei für ihn eine Ehre, sie zu übernehmen. Sie sei ein Symbol der Gemeinschaft und des Zusammenhalts einer ganzen Gemeinde. All jenen, die das neue Banner ermöglicht hatten, sprach er seinen herzlichen Dank aus. An die Äschlikompanie gerichtet: «Für euch soll die neue Fahne eine Quelle der Freude und des Stolzes sein. Sie ist ein Zeichen unserer Identität und Tradition. Ich wünsche mir, dass der neu bestickte Stoff das einzig Moderne ist, das ihr widerfährt.»
Der katholische Pfarrer Jürgen Kaesler, segnete die neue Fahne mit Worten, Weihwasser und einem Gebet. Schlusspunkt unter die beiden Reden und die Segnung setzte ein Schuss aus der Kanone, der trotz Ankündigung den einen oder anderen ziemlich unsanft aus seinen Gedanken gerissen haben dürfte. Nach dem zünftigen Willkommensknall erwiesen die Elgger Vereine der neuen Fahne mit ihren jeweiligen Bannern die Ehre – jede begrüsste «die Neue» feierlich im grossen Kreis der Zuschauenden. Den Anlass beendeten drei Salutschüsse aus den historischen Feldgewehren der «Compagnie 1861».
Volle Bänke und Applaus für die Predigt
Der Fahnenweihe voraus ging ein ökumenischer Gottesdienst, eröffnet von Appenzeller Musik und Worten von Pfarrer Stefan Gruden. Später gesellte sich Pfarrerin Johanna Breidenbach dazu. Der Meisenplatz war bereits vor Beginn voll besetzt, ebenso sämtliche angrenzenden Sitzgelegenheiten. Die Bemerkung einer älteren Dame «So viele Leute sieht man sonst nie in der Kirche» brachte es auf den Punkt. Im Zentrum der Predigt stand denn auch die Gemeinschaft – auch wenn man nicht immer derselben Meinung sei. An aktuellen Themen für unterschiedliche Standpunkte fehle es in der Welt wahrlich nicht. Weder im Grossen noch im Kleinen – als Beispiel brachte der Pfarrer die anstehende Abstimmung für die Dreifachturnhalle, für weitere 30er-Zonen oder der Frage, ob Mädchen am Äschli mitmachen sollen oder nicht. Gefragt sei Toleranz, man müsse einander zuhören und andere Ansichten zulassen und respektieren; am Ende wollten alle nur das Beste für Elgg. Für seine Worte erntete er Applaus, ein in einem Gottesdienst wohl eher seltenes Ereignis.
Dem Beitrag der Reformierten folgten die Predigten der Katholischen und der Neuapostolischen Kirche – sie appellierten an den Gemeinschaftssinn, an Solidarität und erinnerten daran, dass an diesem Sonntag nicht nur für Elgg ein grosser Festtag sei, sondern auch alle Mütter gefeiert würden. Die gemeinsamen Gebete waren als tiefes, sonores Raunen zu vernehmen, die Lieder, die alle zusammen sangen, tauchten den Platz in eine ergreifende Stimmung. Auch wenn der Openair-Gottestdienst mit den Tücken der Technik und den Nebengeräuschen eines Stadtfestes zu kämpfen hatte und man vor allem seitlich oder im hinteren Bereich nicht alles verstand, so war die friedliche und feierliche Stimmung bis zum letzten Platz spürbar. Als Abschluss sang der vereinte Chor Mani Matters «Wilhelm Tell» - ein sehr passendes Lied, das zum Schmunzeln anregt, aber auch zum Nachdenken darüber, was Dorfgemeinschaften ausmacht und was sie aushalten müssen.
MARIANNE BURGENER