Die Förderung des Standorts beginnt bei jedem Einzelnen
23.09.2025 ElggIst Standortförderung Sache der Behörde oder fördern auch Private, Vereine und das Gewerbe den Standort? Welches sind sinnvolle Massnahmen, um einen Ort attraktiv zu machen und wer profitiert davon?
Standortförderung ist meist Sache von Behörden und ...
Ist Standortförderung Sache der Behörde oder fördern auch Private, Vereine und das Gewerbe den Standort? Welches sind sinnvolle Massnahmen, um einen Ort attraktiv zu machen und wer profitiert davon?
Standortförderung ist meist Sache von Behörden und Wirtschaftsförderern. Doch beim 14. Dorfpalaver drehte sich das Denken um: Wie lässt sich ein Ort stärken, wenn die Ideen nicht vorgegeben, sondern «von unten» initiiert werden?
Knapp zwei Dutzend Elggerinnen und Elgger kamen am Donnerstagabend zusammen, um darüber zu diskutieren. Schnell entstand ein lebendiger Austausch über Konzerte, Feste, Spielangebote und andere Ideen, wie das Landstädtchen noch vielfältiger werden könnte. Co-Präsident Richard Staub eröffnete das Gespräch mit der Aufforderung «Fördern wir doch den Standort mit unseren eigenen Ideen!»
Moderatorin Barbara Fehr bat ihre Gäste, aufzuzählen, was bereits heute zum positiven Bild beiträgt. Schnell zeigte sich: Es gibt schon eine ganze Menge. Genannt wurden etwa die Gewerbeausstellung, der Chlausabend, die Midsommerbar, Anlässe der Untermüli, Wochenmärkte und das rege Vereinsleben.
Auch private Unternehmer tragen mit Ideen und Angeboten dazu bei, dass im Dorf immer wieder Neues entsteht – nicht zuletzt die ansässigen Wirte, die für eine beachtliche «Beizendichte» sorgten. Darüber hinaus machen Strukturen wie das Pflegeheim und genügend Alterswohnungen den Ort auch für ältere Menschen attraktiv. Ausserdem sei augenfällig, wie viele Familien hier wohnten, überall könne man Kindern beim Spielen zuschauen. Jemand brachte die genannten Aussagen auf den Punkt: «Es ist ein amächeliges Zentrum, hier ist die Kirche sprichwörtlich noch im Dorf.» Sogar dem Steuerfuss konnte die Runde Positives abgewinnen: Zwar verlange die Gemeinde ordentlich Steuern, gebe dafür aber auch einiges zurück. Als weiterer Faktor wurden die Tempo-30-Zonen hervorgehoben, die Aktivitäten im öffentlichen Raum erleichtern.
Ist die Schaffhauser-Idee auch «Elgg-tauglich»?
Nach der Auslegeordnung vom Bestehenden richtete sich der Blick auf mögliche Verbesserungen; gefragt wurde nach Ideen und Dingen, die als störend empfunden wurden. «Das viele Blech in den Vorgärten nervt» – gemeint waren die parkierten Autos. «Vorgärten könnten hübsch bepflanzt und genutzt werden.» Ein ganz anderer Vorschlag, den Flecken mehr zu beleben, war inspiriert vom Schaffhauser Beispiel des «First Friday»: Sechsmal im Jahr, jeweils am ersten Freitag des Monats verwandelt sich die Altstadt in eine Bühne, eine Beiz, eine Modenschau, einen Flohmarkt ... der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Die Idee gefiel; vielleicht auf dem Lindenplatz, der Schulgasse oder dem Meisenplatz? Warum nicht eine Musikbühne zum gemeinsamen und spontanen Musizieren installieren; in Zusammenarbeit mit der Musikschule oder der Kulturkommission? «Es geht doch darum, die Kernzone einfach einmal anders anzuschauen, anders zu denken», erklärte Sabine Stindt Rhiner. Die Vorstellung musizierender Jugendlicher oder feiernder Menschen vermochte aber nicht alle zu begeistern: «Ich habe nicht das Gefühl, dass hier zu wenig läuft. Einmal im Monat ein Anlass im Zentrum wäre mir zu viel,» wehrte sich eine Anwohnerin.
Wer in Elgg einkauft, unterstützt den Standort
Valentin Schnyder, Vorstandsmitglied im Handwerker- und Gewerbeverein und Mitglied im Netzwerk Altstadt, sieht ein grosses Problem darin, dass viele nicht im Dorf einkaufen: «Würden alle in den Elgger Geschäften ihre Einkäufe tätigen, würde unser Ladenangebot wieder wachsen». Es wurde über die vielen verschwundenen Läden diskutiert – aber auch Chancen und Positives gesehen: «Es wäre uns fast gelungen, wieder einen Metzger zu bekommen, das hat leider aus persönlichen Gründen nicht funktioniert. Aber der Kontakt steht, vielleicht später,» erzählte Schnyder. «Dass wir einen so tollen Käseladen haben, ist ein grosses Glück». Er machte auf die enormen Anforderungen aufmerksam, die ans lokale Kleingewerbe gestellt würden: «Wir erwarten lange Öffnungszeiten und ein immer komplettes Angebot, das kann ein kleines Familienunternehmen nicht stemmen» – er verwies auf die Öffnungszeiten vom Volg bis spät am Abend.
Eine zentrale Funktion wurde dem Wochenmarkt zugesprochen. Auch wenn Angebot und Nachfrage auf den ersten Blick beschränkt, die Stimmung gedrückt erscheine, erfülle der Markt eine wichtige Funktion: Ein Treffpunkt zum Plaudern und Einkaufen. «Es gibt viele Kunden, die es sehr schätzen, dass ungespritztes Gemüse angeboten wird.» Und Elgg sei immer noch ein Dorf, da könne nicht mit massenhaft Kundschaft gerechnet werden. «Es kommen sicher immer 30 Leute. Einige von ihnen kaufen danach auch noch im Beck und im Käseladen ein – der Markt ist ebenfalls ein Standortförderer,» betonte Stindt Rhiner.
Eine bessere Kommunikation mit Schildern an den Dorfeingängen wurde mehrmals erwähnt. «Heute Markttag», «Heute Konzert» oder «Historisches Landstädtchen» könnte Abhilfe schaffen, ebenso ein zentraler Wegweiserpfosten, der die Richtung zu den einzelnen Restaurants und Läden anzeigt – und natürlich die schon oft diskutierte Litfass-Säule. Gut, wenn sie endlich realisiert würde... (Das Baugesuch soll demnächst eingereicht werden.)
Elgg ist dies- und jenseits der Geleise einfach Elgg
Ob das Quartier ennet St.Gallerstrasse und Geleise – Neuelgg – abgehängt ist oder nicht, gab einmal mehr zu reden. «Warum nennt ihr euch immer Neuelgger? Ihr seid doch einfach Elgger, da gibt es keinen Unterschied», wollte jemand den nicht vorhandenen Graben zuschütten. Trotzdem ist es eine Tatsache: Dass wer nicht mehr so gut zu Fuss ist und oben an der Rosenberg-, Herten-, oder der Höhenstrasse wohnt, lieber das Auto nimmt und dann gleich nach Aadorf in den Coop fährt. Ein Thema aus einem der ersten Dorfpalaver tauchte wieder auf: Ein Ortsbus, betrieben von Freiwilligen. (Es wurde versprochen, sich dem Anliegen wieder anzunehmen.) Als Alternative könnte ein Mitfahrbänkli eingerichtet werden, wie es andernorts bereits betrieben wird – oder der vom Pflegezentrum koordinierte Freiwillige Fahrdienst für medizinische Fahrten könnte ausgebaut werden, damit die Quartiere beidseits der Geleise besser zusammenwachsen. Der Vorschlag, dass sich weniger mobile Personen einfach einen «Uber» bestellen sollten, wurde verworfen – nicht jeder habe ein Smartphone und damit Zugang zur Uber-App, um ein Taxi zu ordern.
Neues Potenzial an Kundschaft wurde im Aentenschnabel ausgemacht – aber: «Wir müssen sie ins Boot holen, damit sie nicht einfach in den Zug nach Winterthur steigen,» und: «Wir müssen diese Neuzuzüger irgendwie überraschen, um sie ins Zentrum zu holen.»
Den Standort qualitativ fördern – nicht quantitativ
Wo gelebt und Gewerbe getrieben wird, entsteht zwangsläufig ein gewisses Mass an Verkehrsaufkommen. Dass Elgg enge Gassen hat und es bei Postautokreuzungen zu Ausweichmanövern kommen kann, die für den Langsamverkehr mühsam sind, bezweifelte niemand. Markus Fehr fragte in die Gruppe, ob das Problem mit Einbahnverkehr in den Griff zu bekommen wäre. «Vielleicht könnte man mit Inseln den entstehenden Raum aufwerten und die Geschwindigkeit drosseln?» Claudia Schumacher nahm den Faden auf, würde aber lieber mit Wasserläufen arbeiten als mit Inseln. Eine Idee, für die sich David Rhiner seit langem stark macht. «Da geht etwas. Der Gemeinderat hat für das nächste Jahr einen grossen Betrag gesprochen zur Umsetzung eines Gesamtverkehrskonzepts. Wir setzen uns dafür ein, dass die Bevölkerung von Anfang an mitreden kann, welche Massnahmen wie umgesetzt werden,» versprach Valentin Schnyder und bezog sich mit «wir» auf Sabine Stindt Rhiner – und auf die erste Sitzung, die vor dem Palaver am selben Abend stattgefunden hat.
Abschliessend diskutierte die Runde noch darüber, ob Elgg online genügend informiere – was aber von niemandem infrage gestellt wurde. Wer den Event-Newsletter abonniert hat, ist ausführlich im Bild, was, wann und wo läuft.
Die letzte Wortmeldung gehörte Hans Nüssli, der am Nachmittag zuvor auf einem Seniorenausflug unterwegs war: «Mir ist wichtig, dass wir Standortförderung qualitativ und nicht quantitativ begreifen. Ich war heute vier Stunden mit dem Car unterwegs und habe viele hässliche Ortschaften gesehen. Mir gefällt es in Elgg sehr gut, so wie es ist.»
Diesem Statement musste nichts mehr hinzugefügt werden. Richi Staub, der den Abend eröffnet hatte, schloss ihn auch wieder: «Wir machen vieles gut, einiges können wir noch verbessern. Wir müssen uns motivieren, hier einzukaufen und unser lokales Gewerbe zu unterstützen!»
MARIANNE BURGENER
Nächste Termine des Dorfvereins
14. November: Spieleabend für Erwachsene
25. November. Nächstes Dorfpalaver