Der Volksentscheid wird umgesetzt
15.07.2023 HagenbuchVerschiedene Gemeinden auch der Kantone Zürich und Thurgau setzen per demokratischen Entscheid grössere Mindestabstände für Windkraftanlagen zu besiedeltem Gebiet fest. Die letzte Gemeindeversammlung Hagenbuchs verlangte eine Distanz von mindestens 1000 Metern, was nun in der ...
Verschiedene Gemeinden auch der Kantone Zürich und Thurgau setzen per demokratischen Entscheid grössere Mindestabstände für Windkraftanlagen zu besiedeltem Gebiet fest. Die letzte Gemeindeversammlung Hagenbuchs verlangte eine Distanz von mindestens 1000 Metern, was nun in der revidierten Bau- und Zonenordnung (BZO) festgehalten wird. In einem Tamedia-Interview sagte Regierungsrat Martin Neukom von den Grünen, dass Hagenbuch damit seine Kompetenzen überschreitet. Nachdem sich in der letzten Ausgabe die Elgger Gemeindepräsidentin zu den Bedenken der Gemeinde äusserte, nimmt heute der Hagenbucher Gemeindepräsident Rolf Sturzenegger im Interview Stellung zum Thema:
DAS WINDKRAFTGEBIET SCHNEITBERG WIRD INZWISCHEN VOM KANTON ALS «SCHLECHT» GEEIGNET BEURTEILT. STEIGT NUN DIE HOFFNUNG IN HAGENBUCH, DASS SICH DIESES PROBLEM VON ALLEIN LÖST?
Nein, der Kanton Zürich erhielt vom Bund den Auftrag, Gebiete mit Windpotenzial im Richtplan festzulegen. Dort soll es danach die Möglichkeit geben, Windkraftanlagen zu erstellen. Wer die Region Schneitberg kennt, weiss dass es zugängliche Orte für den Bau von Windrädern gibt. Bereits an der Infoveranstaltung, welche Therese Schläpfer im Zusammenhang mit ihrer Einzelinitiative im Vorfeld zur Gemeindeversammlung durchführte, teilte ich den Anwesenden mit, dass die Baudirektion das Gebiet Schneitberg lediglich als «durchschnittlich» geeignet betrachtet.
ALS «SEHR GUT » BEZEICHNET WIRD HINGEGEN DAS GEBIET ZÜNIKON. INWIEFERN BETRIFFT DAS DIE GEMEINDE HAGENBUCH?
Sollten dort Windkraftanlagen gebaut werden, wären vor allem die Bewohnerinnen und Bewohner der Weiler Kappel, Ober-, Mittel- und Unterschneit betroffen. Diese Ortsteile befinden sich auf dem Gebiet Hagenbuchs. Unsere BZO ist nur für das Gemeindegebiet Hagenbuch anwendbar, somit könnte mit diesem Regelwerk eine Windkraftanlage bei Zünikon (Gemeinde Wiesendangen) nicht verhindert werden.
Wenig Verständnis für Einschränkung der Mitsprache
REGIERUNGSRAT NEUKOM VERTRITT DIE ANSICHT, DASS HAGENBUCH MIT DER ABSTANDS-REGELUNG SEINE KOMPETENZEN ÜBERSCHREITET. ABSTANDSREGELN ZU BAUTEN AUSSERHALB DER BAUZONE SEIEN NICHT BESTANDTEIL DER KANTONALEN PLANUNGS- UND BAUGESETZE UND SOMIT NICHT ZULÄSSIG. WAS SAGEN SIE DAZU?
Das sind seine Aussagen. Ob Hagenbuch mit dem Eintrag der Abstandsregel von 1000 Metern in die BZO seine Kompetenzen überschreitet, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden. Der Gemeinderat wird das erst erfahren, wenn er die überarbeitete Bau- und Zonenordnung mit dem entsprechenden Artikel der Baudirektion des Kantons Zürich vorgelegt hat und diese die Bestimmung für ungültig erklärt. Im Übrigen habe ich an Infoveranstaltung und Gemeindeversammlung die Anwesenden darauf hingewiesen, dass bei der Aufnahme einer Abstandsregelung in die BZO, dieser Absatz möglicherweise durch die Baudirektion für ungültig erklärt wird, weil er gegen übergeordnetes Recht verstösst.
NEUKOM WILL DIE MITSPRACHE EINSCHRÄNKEN. HEUTE KÖNNTEN LAUT IHM IM EXTREMFALL MEHR ALS SECHS INSTANZEN DASSELBE PROJEKT BEURTEILEN. ER SIEHT EINE MÖGLICHKEIT, ES WIE BEI DEN STAATSSTRASSEN ZU MACHEN, WO ES MIT VERWALTUNGS- UND BUNDESGERICHT NUR ZWEI INSTANZEN GIBT. WAS HALTEN SIE VON SOLCHEM VORGEHEN, BEI DEM IMMER ÖFTER (BUND UND KANTONE) MIT ÜBERGEORDNETEM RECHT/INTERESSE ARGUMENTIERT WIRD?
Der Gemeinderat hat wenig Verständnis dafür, dass die Mitsprache bei Projekten wie zum Beispiel den Windkraftanlagen eingeschränkt werden soll, zumal die Gemeindeautonomie bereits in anderen Angelegenheiten je länger, je mehr eingegrenzt wird. Dem Gremium ist aber auch bewusst, dass die vielen Instanzen ein Vorhaben um Jahre verzögern (s. Fussballstadion in Zürich), und dadurch die Energieziele des Bundes und der Kantone nicht eingehalten werden können.
WILL SICH DER GEMEINDERAT HAGENBUCH WIE DER ELGGER RAT «MIT ALLEN MITTELN GEGEN WINDRÄDER AUF GEMEINDEGEBIET WEHREN»? WAS FÜR MÖGLICHKEITEN SEHEN SIE DAFÜR?
Der Gemeinderat wird den Entscheid «Mindestabstand von 1000 Metern zwischen Wohngebäuden und Windkraftanlagen», welchen der Souverän an der Gemeindeversammlung vom 24. Mai fällte, umsetzen. Dazu wird er alle rechtlichen Mittel ausschöpfen.
TEXT UND INTERVIEW: RENÉ FISCHER
Nächste Ausgabe: Einschätzung von Therese Schläpfer