Der Mensch im Zentrum seiner politischen Arbeit
15.12.2022 GuntershausenViele politischen Ämter besetzte er während mehr als 30 Jahren: CVP/Mitte-Politiker Gallus Müller. Im Hinblick auf seine letztjährige Pension zog er sich Schritt um Schritt davon zurück und gab eines nach dem anderen ab. Zeit, um mit ihm auf seine politische ...
Viele politischen Ämter besetzte er während mehr als 30 Jahren: CVP/Mitte-Politiker Gallus Müller. Im Hinblick auf seine letztjährige Pension zog er sich Schritt um Schritt davon zurück und gab eines nach dem anderen ab. Zeit, um mit ihm auf seine politische Karriere zu schauen.
In der Gemeinde Aadorf gibt es einige eifrige Politiker, die sich langjährig zugunsten der Bevölkerung einsetzen oder einsetzten. Einer davon ist ohne Zweifel der Guntershauser Gallus Müller, der während über 30 Jahren eine beachtliche Anzahl politischer Ämter besetzte. Ja, die Vergangenheitsform ist hier angebracht, denn der Bauingenieur erreichte letztes Jahr das Pensionsalter und zog sich Schritt für Schritt aus der Politik zurück.
Die politischen Verdienste des 66-Jährigen können sich sehen lassen: Er war zwischen 1991 und 2011 Gemeinderat in Aadorf. Ab 2000 bis Ende letzten Monats setzte er sich im Kantonsrat ein. 2013 übernahm er das Präsidium der CVP Thurgau (heute: Die Mitte), das er bis zur Ernennung vor sechs Jahren als Grossratspräsident und damit zum höchsten Thurgauer bekleidete. Auch in der Orts- und Bezirkspartei scheute sich Müller nicht vor aktiver Mitarbeit. Das Präsidium in Aadorf beispielsweise hatte er bis vor einem Monat inne. Des Weiteren war er während gut 17 Jahren Präsident des Hauseigentümerverbands (HEV) Thurgau. Diesen Vorsitz legte er bekanntlich letztes Jahr in die Hände eines anderen Aadorfers: Stefan Mühlemann.
Die Pensionierung vor Augen zog sich Gallus Müller also quasi «Step by step» von den Ämtern zurück. Seinen Abschied von der politischen Bühne habe er sich schon länger überlegt – und die Umsetzung funktionierte fast nach Lehrbuch. Nur das Präsidium des HEV verzögerte sich durch die Pandemie leicht. Müller jedenfalls freut es, dass es ihm gelungen ist, seine Ämter in einer guten Reihenfolge abzugeben. Ganz aus der Politik verschwindet er indessen nicht: «Selbstverständlich werde ich mich weiterhin für die aktuelle Politik interessieren und auch an Versammlungen teilnehmen.»
Die Höhepunkte auf seinem politischen Weg
Angefangen hatte die politische Laufbahn 1987 als Gallus Müller in Guntershausen im Turnverein und Leiter Jugend und Sport war. Die dadurch gewonnene Bekanntheit habe ihm zur Wahl in die Ortsbehörde verholfen, war also quasi der Türöffner für seine politischen Ämter. Angesprochen auf die erlebten Highlights antwortet er: «Als ich 1991 Ortsvorsteher von Gunterhausen und damit Gemeinderat in Aadorf wurde, stand die Gemeindereorganisation an. Dabei durfte ich an vorderster Front mitgestalten und schliesslich auch helfen, dass die neue Gemeinde zu einer Einheit wurde. Nebst vielem Erreichten im Gemeinderat war aber schon das Grossratspräsidium 2016/17 der absolute Höhepunkt.» Nicht zuletzt habe er sich auch über das Präsidium der Fraktionspräsidentenkonferenz und dasjenige der Covid-19-Kommission gefreut.
Über die Feier in Guntershausen nach seiner Wahl zum Grossratspräsidenten schrieb diese Zeitung am 28. Mai 2016: «Am Morgen war Gallus Müller mit einem exzellenten Resultat zum nominell höchsten Thurgauer gewählt worden. Hernach dinierte die CVP-Fraktion im Aadorfer Rotfarbkeller, ehe sich der Begleittross mit dem ‹Thurbo› in Richtung Wil aufmachte. Halt war schon nach zwei Kilometern. Ein eigentliches Brimborium, wie es der Dorfteil Guntershausen wohl noch nie erlebt hatte, spielte sich dann an dessen Haltestelle ab. Ingredienzen dazu lieferten viel kantonale Politprominenz, die beiden dörflichen Musikgesellschaften, Vereinsdelegationen mit ihren Fahnen, Turnergilden, Behördevertreter und zahlreiches Fussvolk. Bald einmal wurde klar: Gallus Müller ist nicht irgendein Guntershauser. Der ehemalige Turner, OL-Läufer und Wanderer ist einer, welcher in der dörflichen Bevölkerung verankert ist.»
Der Mensch als Mittelpunkt der Tätigkeit
Doch als was für ein Politiker hält sich Müller selbst? «Für mich stand immer der Mensch im Mittelpunkt. Somit ist klar, dass das Wohl der Gesellschaft das Ziel meiner Tätigkeit war. Inwiefern mir dies gelungen ist, müssen andere beurteilen. Ich sehe mich als typischen Mitte-Politiker – natürlich auch schon bei der CVP. Extreme Poolpositionen gefielen mir nie», sagt der Guntershauser. Daraus könnte man lesen, dass er wohl eher für Harmonie steht und seine Ellbogen lieber nicht ausfährt. Das Feilschen im Rat werde er demnach auch nicht vermissen, wie er meint.
Es sei eine schöne und sehr lehrreiche Zeit gewesen: «Im Gemeinderat konnte ich mitgestalten. Die Kommissionsarbeit im Grossen Rat war immer spannend. Und das Leiten desselben, von Kommissionen und meiner Fraktion war überaus interessant. Ich darf festhalten, dass ich mich in meiner Fraktion, Mitte/EVP, wohlfühlte.» Aber nun sei die richtige Zeit, Jüngeren Platz zu machen. Sie sollen ihre Zukunft selbst bestimmen.
Jetzt sind andere am Zug
In mehr als 30 Jahren erlebt man selbstverständlich einiges – auch Negatives. Gallus Müller meint zwar, dass man sich eigentlich nicht zu lange ärgern sollte. Immer funktioniert das aber nicht. Ein Beispiel: «Dass bei der Beratung des Hundegesetzes, betreffend der Haltung von Kampfhunden, ein solcher plötzlich ‹wichtiger› als unsere Kinder ist, habe ich nie verstanden.» In der Klimaveränderung und dem Gefälle zwischen reichen und ärmeren Ländern sieht er die grossen Aufgaben, die möglichst rasch gelöst werden sollten. Wir müssten alle etwas dazu beitragen, so Müller, vielleicht sei es dann möglich, eine etwas friedlichere Welt zu erlangen.
Doch darum haben sich nun andere Politiker zu kümmern, denn der 66-Jährige kann sich endlich mehr auf seine Bedürfnisse konzentrieren. Sein Tagesablauf ist künftig nicht mehr fremdbestimmt. Mit Spazieren, Wandern oder Jogging wolle er fit bleiben. Auch hat Müller noch zwei kleine Präsidien inne: «Ich bin im Verein Freunde der Klosterkirche Tänikon und bis zum Bau der SBB-Haltestelle Guntershausen in der Interessengemeinschaft Bahnhof dabei.» Auch zu dessen Erhalt trug er einiges bei. Endlich dürfe er zudem seiner Frau etwas zurückgeben, sie im Haushalt und Garten entlasten, damit sie beide künftig mehr zusammen unternehmen können.
Zum Interviewschluss möchte Müller noch zwei Sachen loswerden: «Ich wünsche mir, dass alle in unserer Gesellschaft irgendeinmal im Leben etwas freiwillig für unsere Gemeinschaft tun – jede und jeder so wie es möglich ist. Dann geht es uns wirklich gut. Zweitens danke ich meiner Frau und der ganzen Familie dafür, dass ich dies machen konnte. Ohne ihre Unterstützung wäre es nicht möglich gewesen, über eine so lange Zeit in dieser Art tätig zu sein. Sie mussten auf vieles verzichten.» Das dürfte sich nun ändern, was Frau und Familie sicherlich freut.
RENÉ FISCHER
Dank und Anerkennung …
… von Peter Bühler, Kantonsratskollege und Parteivorstandsmitglied der Mitte Aadorf: «Einen Mann wie Gallus Müller in seinen Reihen zu wissen, ist für jede Institution ein absoluter Glücksfall. So durfte auch die ehemalige CVP Aadorf (heute: Die Mitte Aadorf) von seiner Schaffenskraft über Jahrzehnte profitieren. Er war sich in all den Jahren nie zu schade, auch ganz banal Fronarbeit zu leisten, bei jedem Fest seinen Mann zu stellen, sich für Ämter und Aufgaben zur Verfügung zu stellen und nie den Fokus aus den Augen zu verlieren. Gallus Müller war zwei Jahrzehnte Gemeinderat für unsere Partei in Aadorf, Kantonalpräsident der CVP Thurgau, Grossratspräsident des Thurgaus und zum Schluss auch Ortspräsident der Mitte Aadorf. Diese hatte unter seiner Regie vor etwas mehr als einem Jahr dem neuen Namen der Mitte-Partei zugestimmt. Wir durften auch über 20 Jahre in der Grossratsfraktion auf das Wissen und die Ideen von Gallus Müller zählen. Zuletzt war er dabei unser Fraktionspräsident. Im Namen der ganzen CVPund Mitte-Familie in Aadorf danke ich ihm für seinen immensen Einsatz für uns und unsere Partei herzlich. Wir werden sein Wirken vermissen … und es als vorbildliches Verhalten gerne weiterführen. Danke Gallus, für alles, was du für uns und unsere Partei geleistet hast! Das war einfach mega!»