Brombeerranken und Lichterketten im dunklen Wald
07.12.2024 WittenwilEs schien, als hätte das Wetter sich überlegt, den Wittenwilern auch dieses Jahr die Suppe zu versalzen. Doch just zu Beginn der Waldweihnachtsfeier hörte es auf zu regnen, und das Fest konnte wie geplant im Freien stattfinden.
Das Holz für das Feuer ...
Es schien, als hätte das Wetter sich überlegt, den Wittenwilern auch dieses Jahr die Suppe zu versalzen. Doch just zu Beginn der Waldweihnachtsfeier hörte es auf zu regnen, und das Fest konnte wie geplant im Freien stattfinden.
Das Holz für das Feuer wurde von Rolf Kägi schon am Vormittag in den Wald oberhalb des Dorfes gebracht, und der Platz durch Helfer vorbereitet. Am Nachmittag wurden Festbänke aufgestellt und der Weg mit Fackeln ausgesteckt – trotz der drohenden Regenwolken, die gemäss der Radarvorschau um 18 Uhr über Wittenwil ziehen sollten. Für einmal hielten sie sich an die Prognose. Als sich eine halbe Stunde später die Bevölkerung aufmachte, um gemeinsam draussen zu feiern, hörte der Regen auf. Einzig das schmatzende Geräusch bei jedem Schritt liess vermuten, dass die Schuhe bei Licht einen zweifelhaften Eindruck hinterlassen würden.
Den Herankommenden leuchteten von der Scheuerstrasse her Fackeln den Weg zum Waldrand, dem lodernden und knisternden Feuer entgegen. Die letzten Meter zwischen den Bäumen säumten unzählige kleine Laternen und Teelichter, die Tannen rund ums Feuer waren mit Laternen geschmückt, und eine trug stolz eine Lichterkette. «Passt beim Gehen auf die Brombeerranken auf, immer schön die Füsse lupfen, wir wollen keinen Unfall», mahnte Ramona Müller vom Dorfverein bei der Begrüssung. Sie stellte die drei Blasmusiker Toni, Hugo und Reto vor, die für den stimmungsvollen Rahmen sorgten und mit ihrem ersten Stück den Auftakt in den feierlichen Abend machten.
Licht zieht die Menschen an
Für den besinnlichen Teil sorgte Pastor Karsten Guhl von der Viva Kirche Aadorf. Nach ungefähr vier Anläufen habe es nun endlich geklappt mit seinem Mitwirken an der Feier im Wittenwiler Wald, freute er sich über die Einladung. In seiner Predigt sprach er über die herrschende Finsternis, über Ängste und Unsicherheiten, die gerade in der heutigen Zeit allgegenwärtig seien.
Man solle Feuer und Laternen wegdenken und sich vorstellen, allein im dunklen, kalten Wald zu sitzen, anstatt in der Gemeinschaft. Er erinnerte daran, wie Maria und Josef in der Weihnachtsgeschichte keine Unterkunft für die Nacht fanden und stattdessen in einem Stall Unterschlupf fanden, wo Maria ihr Kind gebar und es in eine Futterkrippe legte. «Man kann durchaus sagen, dass Jesus in dieser Welt nicht gerade herzlich willkommen geheissen wurde. Seine Eltern trafen auf verschlossene Türen, sie hatten Stress und Angst.»
Der Mensch verspüre im Dunkeln Furcht, und damit meinte er nicht unbedingt die Nacht; vielmehr sprach er die innere Dunkelheit an. Dazu las er eine Bibelstelle aus Jesaja vor: «Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein grosses Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.» Er erzählte, wie weltweit Menschen unter Kriegen, Krisen und Unsicherheiten leiden und wie Licht ihnen Wärme, Geborgenheit und Sicherheit bringt. Für viele Menschen sei der Glaube Licht und Hoffnung – das Wissen, dass Gott sie so liebe, wie sie seien. Die Aussage, dass das Christentum gerade in Ländern viel Zulauf erfahre, wo die grösste Dunkelheit herrsche und wo es für die Menschen besonders gefährlich sei, stimmte nachdenklich.
Keine Weihnachtsfeier ohne Weihnachtslieder
Den eindringlichen Worten folgte die Frage an die Kinder, was denn das Schönste an Weihnachten sei. Die logische Antwort «Geschenke!» blieb indes aus – ausser dem knisternden Feuer war lange nichts zu hören. So sprach der Pastor aus, was alle erwartet hatten, und erzählte, dass er sich als Bub ausschliesslich auf die Päckli gefreut habe.
Eine Weihnachtsfeier ohne Lieder wäre nur eine halbe Feier. So stimmten die Bläser mit «Das isch de Stern vo Bethlehem», «O du Fröhliche» und «Stille Nacht» drei traditionelle Lieder zum gemeinsamen Mitsingen an. Eine gute Wahl – weniger bekannte Texte wären im Feuer- und Kerzenschein und bei zu Hause gelassener Lesebrille wohl auf weniger Mitwirkung gestossen.
Zuhören und Singen wurden anschliessend mit Punsch, Glühwein, Wurst und Brot belohnt. Nach und nach lichtete sich die Schar ums Feuer. In mancher Wittenwiler und Weiemer Waschküche dürften noch Stiefel und Hosen von Waldboden befreit worden sein, während im Wald oben Ruhe einkehrte und Fuchs und Hase sich später als sonst Gutenacht wünschten.
MARIANNE BURGENER