Breite Angebotspalette, harmonisierte Öffnungszeiten
16.03.2023 ElggMit Kundenfreundlichkeit, Dienstleistungsbereitschaft und Fachkompetenz kann auch ein kleiner Dorfladen punkten. Ob dies allerdings genügt, steht auf einem anderen Blatt Papier. Diese Zeitung hörte sich bei Geschäften im Elgger Dorfkern um. Die Idee eines Lesers wird, wenn ...
Mit Kundenfreundlichkeit, Dienstleistungsbereitschaft und Fachkompetenz kann auch ein kleiner Dorfladen punkten. Ob dies allerdings genügt, steht auf einem anderen Blatt Papier. Diese Zeitung hörte sich bei Geschäften im Elgger Dorfkern um. Die Idee eines Lesers wird, wenn überhaupt, nur schwerlich umzusetzen sein.
Die Schliessung der traditionsreichen Metzgerei gibt zu reden. Das Ladenangebot im Landstädtchen ist breit aufgestellt und bietet ein ziemlich vollständiges Angebot. Man achtete stets darauf, dass kein Element der Angebotspalette herausbricht, weil man weiss, dass sonst weitere Abwanderung der Kundschaft droht. Entsprechend ist zu begrüssen, dass Fleisch- und Wurstprodukte in irgendeiner Form in der Chäshütte erhältlich sein werden. Ob das geschätzt und genutzt wird, bleibt abzuwarten.
Wie Andreas Würmli anlässlich der letzten Samstagsausgabe sagte, sind die Gründe für die Schliessung eine Verkettung von Ereignissen. Einerseits lägen sie in der Fleischbranche selbst – beispielsweise im Fachkräftemangel oder beim vermehrten Verzicht von Fleisch. Aber er macht auch eine etwas schwindende Solidarität mit den kleinen Dorfläden aus. Die Stedtli-Gassen seien zu den besten Einkaufszeiten fast leer. Hinzu kommt die Konkurrenz grosser Ladenketten – hier in Elgg: Coop, Migros, Denner und Volg.
Wirrwarr an Öffnungszeiten
Ein Leser dieser Zeitung will aber ein weiteres Problem ausgemacht haben: ein Wirrwarr an Öffnungszeiten. Die Abweichungen von Geschäft zu Geschäft würden für die Kunden eine Herausforderung darstellen und ebenso zum Ausweichen auf externe Anbieter verleiten. Diese Zeitung fragte deshalb bei Geschäften nach, ob die Harmonisierung der Öffnungszeiten eine Lösung sein könnte und überhaupt umsetzbar wäre. Gar nicht so einfach, wie sich herausstellen sollte.
«Je harmonischer, desto besser. Da hat der Leser völlig recht», ist aus der Chäshütte von Claudia Wartmann-Tobler zu vernehmen. Wünschenswert wären einheitliche Öffnungszeiten auch für die Vitalxund Drogerie, «aber schwierig umzusetzen», meinen Nicole Bühler und Marion Isliker. Da hakt auch Katharina Barth, Präsidentin des Vereins Claro-Laden, ein: «Als Laden, der auf Freiwilligenarbeit basiert, müssen wir die Öffnungszeiten so gestalten, dass sie für unsere Mitglieder akzeptabel und machbar sind. Sie sind wohl etwas kürzer als bei anderen Detaillisten, stimmen aber in den Kernzeiten weitgehend überein.» Längere Öffnungszeiten wären nicht umsetzbar.
Die Schwierigkeiten liegen wohl in der Art und Grösse eines Unternehmens. Bereitschaft, sich über die Öffnungszeiten auszutauschen, signalisieret man aus der Chäshütte. Allerdings: «Wir möchten sie mit Blick auf unsere Kundinnen nicht verkürzen und an den Abenden als attraktiver Arbeitgeber auch nicht verlängern.» Aus der Vitalxund Drogerie gibt man zudem zu bedenken, dass es in Elgg zahlreiche Klein- respektive Einzelunternehmen gebe, welche mit ihren verfügbaren Zeitressourcen sorgfältig haushalten müssen. Die Grenzen einer Harmonisierung der Öffnungszeiten im Dorf werden also klar aufgezeigt. Und zudem seien sie gar nicht so sehr unterschiedlich, denn die Mehrheit der Geschäfte wären ungefähr zur selben Zeit offen, so die Meinung von Lukas Fritz, Inhaber der gleichnamigen Bäckerei.
Die (Corona-) Welle der Solidarität
Wie das Ehepaar Würmli erwähnte, sei während Corona eine grosse Solidaritätswelle zu spüren gewesen, die danach deutlich abflachte. Doch wie werden die Kundenfrequenzen in anderen Läden des Dorfkerns vor, während und nach Corona eingeschätzt? Konnten sie Ähnliches ausmachen? Dazu Claudia Wartmann-Tobler: «Während der Pandemie, hatten wir eine deutlich höhere Kundenfrequenz in unserer Chäshütte. Dies pendelte sich danach wieder ein, aber auf erfreulich hohem Niveau. Wir denken, wir sind in Elgg nicht von regem Einkaufstourismus betroffen. Der Rückgang lässt sich eher mit der Wiederaufnahme der Arbeit in den Büros erklären.» Die Bäckerei Fritz sei inzwischen wieder etwa auf dem Niveau vor Corona. Die Krise mit all ihren Einschränkungen hätte sicherlich zu einem Schub für das Kleingewerbe geführt.
Gleiches ist auch vom Claro-Laden zu erfahren und in der Vitalxund Drogerie zeigt man sich dankbar über einen langsamen, aber steten Anstieg der Kundenfrequenz während der letzten Jahre. Sorgen um die Zukunft muss man sich hier also scheinbar keine machen. Nicole Bühler und Marion IslIker entgegnen: «Natürlich macht man sich Sorgen um die Zukunft, da man nie weiss, welche wirtschaftlichen und logistischen Hürden auf das Geschäft zukommen. Was wir aber tun können: Jeden Tag das Beste für unsere hoch geschätzte Kundschaft geben.» Zurzeit keine Sorgen macht man sich in der Bäckerei und im Claro-Laden. Sie, wie auch Chäshütte und Drogerie, schätzen ihre Kundschaft sehr, was eindeutig aus den Interviews heraussticht.
«Mehr gemeinsam statt einsam»
Was bräuchte es aus Sicht der Geschäfte allenfalls, um die Kundschaft vermehrt zum Einkauf im Dorf zu bewegen? Aus der Vitalxund Drogerie heisst es ganz klar: «Das A und O sind unserer Meinung nach Kundenfreundlichkeit, Dienstleistungsbereitschaft, Fachkompetenz und die Möglichkeit, sich von den Mitbewerbenden in der Branche positiv abzuheben.» Allenfalls könnten gemeinsame Aktivitäten aller Geschäfte im Dorf ein kurzfristiges Mehrinteresse hervorrufen. Bestimmt würde auch ein von allen getragenes Sammelsystem wie beispielsweise Pro-Bon zu einem grösseren Einkaufsinteresse führen. «Also mehr gemeinsam statt einsam», sagen Nicole Bühler und Marion Isliker.
Auch die Claro-Vereinspräsidentin Katharina Barth ist nicht ideenlos, obschon man mit Chlausmärt, Samstagsmarkt und Gewerbeausstellung schon einiges tue. Es könnte aber noch versucht werden, einige zusätzliche Anbieter für den Wochenmarkt zu gewinnen, um ihn attraktiver zu gestalten und mehr Leute zum Einkauf im Dorf zu bewegen. Sie sagt: «Früher gab es ausserdem eine gemeinsame Blumenaktion der Elgger Detaillisten zum Frühlingsbeginn, die auch Leute in die Läden brachte.» Ob dies allerdings nachhaltig war, könne sie heute nicht mehr beurteilen. Für das Chäshütte-Team wäre jede Aktivität, welche zu mehr Kundschaft im Dorf führt, mehr als willkommen. «Mit dem neuen grossen Laden ab Mai werden wir das auch brauchen», so Claudia Wartmann-Tobler.
RENÉ FISCHER