Am Donnerstagabend verzeichnete der Aadorfer Buchladen buecherchorb.ch einen neuen Besucherrekord: Rund 40 Interessierte kamen zur Lesung von Klaus Petrus, dessen Werk «Am Rand» das Publikum tief bewegte.
«Wir alle haben Bilder von anderen im Kopf. An ...
Am Donnerstagabend verzeichnete der Aadorfer Buchladen buecherchorb.ch einen neuen Besucherrekord: Rund 40 Interessierte kamen zur Lesung von Klaus Petrus, dessen Werk «Am Rand» das Publikum tief bewegte.
«Wir alle haben Bilder von anderen im Kopf. An diesen Bildern zu kratzen, treibt mich um», erklärte Klaus Petrus während der Lesung. Seine Reportagen und Fotografien sind prall gefüllt mit Lebensgeschichten, die sonst kaum zur Sprache kommen und einem doch irgendwie vertraut erscheinen: von einem Rentner, der plötzlich zu trinken beginnt, aber auf verheerende Weise; von einem jungen Afghanen, der seit über 1000 Tagen auf der Flucht ist und nie wirklich ankommen wird; von einer Grossmutter, die sich unsichtbar macht, wenn sie auf den Strassen betteln muss, oder von einem Familienvater, der über 1300 Mal zu einer Prostituierten ging. Diese Geschichten und viele mehr erzählen von Menschen, Orten und Schicksalen, die uns nahe sind, aber selten beachtet werden.
Blick auf die Ränder unserer Gesellschaft
Klaus Petrus, ehemals Philosophieprofessor an der Universität Bern, ist heute als Fotojournalist und Co-Leiter des Strassenmagazins Surprise tätig. Seine Arbeiten, die in renommierten Zeitungen wie der NZZ, WOZ, Süddeutschen Zeitung und dem Tages-Anzeiger erscheinen, thematisieren Armut, Migration, Ausgrenzung und Krieg. Für seine herausragenden Leistungen als Fotograf und Reporter wurde er mit mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter der Swiss Press Photo Award 2022.
Sein Buch «Am Rand», das 2023 erschien, enthält bewegende Geschichten und Fotografien von Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben – Obdachlose, Süchtige, Vertriebene und Prostituierte. Bei der Lesung hat er es eindrucksvoll vorgestellt. Mit eindringlichen Worten und berührenden Fotografien gab er einen unverstellten Einblick in das Leben dieser Menschen, die oft übersehen oder in Klischees gefangen sind.
Der Buchladen buecherchorb.ch hat sich mit einem breitgefächerten Angebot und innovativen Ideen, wie Lesungen und Veranstaltungen mit regionalen Autorinnen und Autoren, in der Region einen Namen gemacht. Auch bei dieser Lesung konnten die Besucher nicht nur Petrus’ Werke kennenlernen, sondern auch das Gespräch mit ihm suchen. Die Gelegenheit, über die Hintergründe seiner Geschichten zu sprechen und signierte Bücher zu erwerben, wurde rege genutzt.
(PD)
Ort für Begegnungen und Kultur
Der Aadorfer Buchladen hat eine bewegte Geschichte. Als er vor fünf Jahren in finanzielle Schwierigkeiten geriet, schloss sich eine Gruppe engagierter Aadorferinnen und Aadorfer unter der Leitung von Peter Bühler zusammen, um das Geschäft zu retten. Die Genossenschaft buecherchorb.ch wurde gegründet, und der Laden öffnete im November 2020 seine Türen neu – wenn er auch gleich darauf pandemiebedingt wieder schliessen musste. Trotz der schwierigen Startbedingungen konnte sich der Buchladen etablieren und ist heute ein Ort für Begegnungen und Kultur.
(MITG)