Während der Primarschulzeit durften wir ab und zu Unterricht beim damals schon pensionierten, mittlerweile längst verstorbenen, aber dennoch legendären Lehrer Brändli geniessen. Aushilfsweise, insbesondere bei den damals noch üblichen militärisch bedingten Absenzen ...
Während der Primarschulzeit durften wir ab und zu Unterricht beim damals schon pensionierten, mittlerweile längst verstorbenen, aber dennoch legendären Lehrer Brändli geniessen. Aushilfsweise, insbesondere bei den damals noch üblichen militärisch bedingten Absenzen von Lehrkräften im Offiziersgrad, griff die Schulbehörde auf diesen Mann der damals schon alten, vielleicht sogar sehr alten Schule zurück.
Neben der Vermittlung der drei Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen gehörten bei Lehrer Brändli – im Anzug gekleidet – das Schönschreiben und das Singen zum ultimativen Schulstoff. Darüber hinaus kontrollierte er auch fast jeden Morgen die Finger seiner Schulkinder, auf dass sich unter deren Fingernägeln auch ja kein Dreck angesammelt hatte – und dies schon Jahre vor Corona!
So weit, so gut. Wir haben es überlebt und geschadet hat es niemandem, auch wenn es mal einen «Tatzen» gegeben hat, wenn die Finger nicht ganz sauber waren. Eine Gesangskarriere hat zwar, soweit ich es überblicken kann, keiner von uns Schulkindern hingelegt. Auch das Schönschreiben hat noch bei manchem weiterhin Potenzial nach oben, aber die Finger sind und bleiben heute sauber, selbst nach manuellen Tätigkeiten.
«Auf die Finger schauen» ist mir irgendwie geblieben, heute vielmehr im übertragenen Sinne. Obwohl das Wegschauen wesentlich angenehmer und heutzutage viel verbreiteter ist, das «auf die Finger schauen» ist wichtiger denn je. Beispielsweise: Wer kontrolliert den Fleiss der stetig wachsenden Beamtenschar? In welchem Zeitrahmen wird eine einfache Steuerklärung veranlagt? Wie schnell geht es, bis ein Baugesuch bearbeitet wird? Da im staatlichen Monopol kein Wettbewerb herrscht, gibt es auch keinen Druck von allfälligen Mitbewerbern. Klar, es gibt Vorgesetzte, die wiederum gehören aber selbst zum System, sind dazu also eher ungeeignet, ausser sie haben selbst einen Chef in Form von Exekutivpolitikern, die aber selbst auch wieder Teile des Systems sind.
Da bleibt einem nicht viel anderes übrig, als die Faust im Sack zu machen – diese aktiv einzusetzen, ist wenig ratsam, denn dies endet bekanntlich meist mit einer Strafanzeige.