Am 10. Oktober ist sie 100 Tage im Amt; Zeit für zehn Fragen

  08.10.2022 Elgg

Am 1. Juli hat die neue Elgger Gemeindepräsidentin Ruth Büchi-Vögeli ihr Amt angetreten. Zuvor war sie über zehn Jahre als Gemeinderätin und in den verschiedensten Ämtern tätig. Was hat sich in diesen dreieinhalb Monaten in ihrem Leben verändert, was hat sie gefreut, was weniger?

Die höchste Elggerin sitzt hinter dem Schreibtisch in ihrem noch immer etwas kahlen Büro. Es scheint, als hätte sie in der ersten Phase seit Amtsantritt noch keine Zeit gefunden, dem Raum eine persönliche Note zu verleihen; ein Eindruck, den sie bestätigt, aber mit Nachdruck auf den Blumenstock hinweist, den sie immerhin schon gekauft hat. Ruth Büchi-Vögeli legt die Prioritäten lieber auf die wartende Arbeit als auf das Erscheinungsbild ihres Büros. Trotz der vielen anstehenden Aufgaben hat sie sich Zeit genommen, der «Elgger/Aadorfer Zeitung» einige Fragen zu beantworten, wie das nach 100 Tagen üblich ist:

SIE SIND NUN SCHON DREIEINHALB MONATE IM AMT. FÜHLEN SIE SICH WOHL IN DER ROLLE?
Ja, sehr sogar. Natürlich bringt dieses Amt mehr Führungsverantwortung mit sich als jenes der Schulpräsidentin in Hofstetten, das ich vor einiger Zeit während fünf Jahren innehatte. Ab und zu muss ich mich vorne hinstellen und klar sagen, wie ich etwas haben möchte. Wichtig ist mir aber, dass wir im Gemeinderat als Team funktionieren.

WAS HAT SICH VERÄNDERT IN IHREM LEBEN? STEHT MAN ALS GEMEINDEPRÄSIDENTIN MORGENS ANDERS AUF WIE ALS GEMEINDERÄTIN?
Nein, also ich nicht. Ich muss mir von Zeit zu Zeit in Erinnerung rufen, dass ich Präsidentin bin, dessen bin ich mir (noch) nicht wirklich bewusst. Ich bin eine Bürgerin wie alle anderen auch.

IST DER START REIBUNGSLOS VERLAUFEN?
Auf meinem Schreibtisch lag einiges, es hat sich doch vieles angestaut; in den verschiedenen Ressorts, inklusive dem Präsidium und Personal. Kurz zuvor war der Wechsel auf dem Posten des Gemeindeschreibers: Marcel Aeschlimann fing Mitte Mai an und musste sich einarbeiten. Wir hatten beide einen ziemlichen Berg an Arbeit vor uns. Aktuell arbeiten wir an einem neuen Organisationsreglement, das aufgrund von Personalfragen etwas ins Hintertreffen geraten ist. Anfang Jahr haben wir alle Ressorts neu verteilt. Das erste Halbjahr wurde als «Probezeit» deklariert, um herauszufinden, ob mit der neuen Verteilung alle etwa den gleichen Arbeitsaufwand zu bewältigen haben. Das funktionierte bis jetzt gut. Nun muss das Reglement noch definitiv, inklusive aller Anhänge, verfasst werden. Parallel dazu kümmern wir uns um die Lohnstruktur und Stellenbeschriebe – eine Pendenz, die schon seit längerem hätte erledigt werden müssen, aber nun sind wir dran.

Austausch mit Gewerbe muss verbessert werden

GEMESSEN AN IHREN EIGENEN ZIELEN: WAREN ES ERFOLGREICHE ERSTE 100 TAGE?
Vor allem auf der Personalseite darf ich auf erfolgreiche dreieinhalb Monate zurückblicken. Ich habe das Gefühl, die Stimmung im Haus hat sich sehr zum Guten verändert. Ich versuche, mir für die Anliegen der Mitarbeitenden immer die nötige Zeit zu nehmen. Das gilt auch für den Gemeindeschreiber: Er sitzt öfters mit dem Personal zusammen, führt Gespräche und weiss so sehr genau, wo der Schuh drückt. Eines meiner Ziele war und ist, den Kontakt zum Gewerbe zu verbessern. Der Austausch zwischen diesem und der Politik ist für einen kleinen Ort, wie den unsrigen, von grosser Wichtigkeit. So soll ab nächstem Jahr der alljährliche Parteienabend zum Parteien- und Gewerbeabend ausgebaut werden.

IN WELCHES ANLIEGEN INVESTIERTEN SIE AM MEISTEN?
Sicher ins Personal. Und natürlich ins neue Organisationsreglement und nebenbei in die Arealentwicklung Im See mit den verschiedenen Turnhallenvarianten, in Zusammenarbeit mit der Primarschule.

WAS SIND DIE ANSTEHENDEN HERAUSFORUNGEN DER KOMMENDEN 100 TAGE?
Wir besprachen vor Kurzem im Gemeinderat unsere Ziele und überarbeiteten die interne Organisationsstruktur. Diese gilt es nun noch schriftlich festzuhalten und umzusetzen. Am 23. November findet die Infoveranstaltung und anschliessend am 8. Dezember die Gemeindeversammlung zur Turnhallenabstimmung statt. Da bin ich gespannt auf das Resultat. Im Weiteren muss unsere Website überarbeitet werden und natürlich warten die täglichen Mails jeweils auf eine mehr oder weniger umgehende Antwort.

WAS BEREITETE IHNEN IN DIESER ZEIT AM MEISTEN SPASS?
Die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden. Speziell mit Marcel Aeschlimann, er ist wirklich ein genialer Gemeindeschreiber. Wenn immer möglich, gehe ich an Bürotagen in die 10-Uhr-Pause meinen Kaffee trinken, das eine oder andere Anliegen kann so gut angesprochen werden. Es ist mir wichtig, da zu sein und das möchte ich auch signalisieren: Wenn ich da bin, ist meine Türe offen!

WAS AM WENIGSTEN?
(Denkt nach) Ja, schon die Personalfragen, die gelöst werden mussten. Aber auch diese Prozesse sind spannend und lehrreich. Mit Unangenehmerem konfrontiert zu sein, sich an einen Tisch setzen und die Situation bereden. Auch hier trägt Marcel Aeschlimann einen grossen Teil zur Lösung bei.

Zwischen zwei Sitzungen nach Hause in den Stall

FINDEN SIE NEBST IHREM AMT ALS GEMEINDE-PRÄSIDENTIN NOCH ZEIT, AUF DEM BAUERNHOF ZU ARBEITEN?
Ja, unbedingt. Als Gemeindepräsidentin bin ich mit einem (theoretischen) Pensum von 35 Prozent bei der Gemeinde tätig. Ich habe zwei Pferde. Denen miste ich jeden Morgen aus und, wenn immer möglich, auch am Abend. Ich bin also auch schon zwischen zwei Sitzungen nach Hause in den Stall gefahren, um die Pferde zu füttern oder sie von der Weide zu holen. Momentan zwar weniger, aber eine Zeit lang half ich meinem Mann viel im Stall aus. Inzwischen übernahm unser Sohn den Betrieb und so konnte ich mich aus dem Kuhstall etwas zurückziehen. Zudem habe ich meinen grossen Garten, wo das Unkraut unaufhörlich wächst ... All diese Arbeiten sind mir sehr wichtig, das erdet mich. Wenn ich ausreite, bleibt das Handy im Haus, da will ich meine Ruhe haben. Das brauche ich auch. Jäten im Garten hilft, wenn ich mich mal so richtig abregen muss.

IHRER WEBSITE IST ZU ENTNEHMEN, DASS SIE ALS KANTONSRÄTIN FÜR DIE WAHLEN IM KOMMENDEN FEBRUAR KANDIDIEREN. WARUM?
Ich kandidierte bereits 1999 einmal, habe mich dann aber zugunsten der Familie zurückgezogen. 2019 stellte ich mich erneut zur Verfügung und jetzt trete ich als erster Ersatz an. Ich habe lange darüber nachgedacht. Ein Sitz im Kantonsrat ist für mich nicht zwingend, aber es würde mir sicher grossen Spass machen. Priorität hat für mich aber ganz klar mein Amt in Elgg, hier kann ich etwas bewirken. Im Kantonsrat hingegen ist man eingebunden in der Partei.

Zum Schluss würdigt Ruth Büchi-Vögeli den unermüdlichen Einsatz, den die Mitarbeitenden und speziell Gemeindeschreiber Aeschlimann täglich leisten. Sie sagt: «Sie alle machen einen super Job» und weist darauf hin, dass es manchmal Situationen gäbe, die ein dickes Fell erforderten, wenn beispielsweise etwa Bürgerinnen und Bürger anderer Meinung seien und dies unmissverständlich kundtun würden.
Die «Elgger/Aadorfer Zeitung» dankt der Gemeindepräsidentin für ihre Zeit und wünscht ihr und dem ganzen Team weiterhin viel Erfolg.

TEXT UND INTERVIEW: MARIANNE BURGENER


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