Advent – Geduldige und vertrauensvolle Erwartung
11.12.2025glaubwürdig
Wenn ich an Advent und Weihnachten denke, dann kommt mir immer wieder folgende eindrückliche Geschichte in den Sinn:
«Bitte warten Sie hier!» sagte ich zu dem Blinden und liess ihn an einer verkehrsgeschützten Ecke des Grossstadtbahnhofs allein. ...
glaubwürdig
Wenn ich an Advent und Weihnachten denke, dann kommt mir immer wieder folgende eindrückliche Geschichte in den Sinn:
«Bitte warten Sie hier!» sagte ich zu dem Blinden und liess ihn an einer verkehrsgeschützten Ecke des Grossstadtbahnhofs allein. – Ich wollte ihm das Gewühl ersparen auf dem Weg zum Schalter, zur Auskunft, zur Fahrplantafel und zum Briefkasten, in den ich noch etwas einschmeissen wollte. Zurückkehrend sah ich ihn schon von weitem stehen, während die Menschen an ihm vorbeihetzten, ein Kind ihn anstarrte, ein Gepäckkarren einen Bogen um ihn fuhr und ein Zeitungsverkäufer nach einem irrtümlichen und vergeblichen Angebot fast scheu wieder von ihm wegging. Er stand ganz still, der Blinde, und auch ich musste ein paar Augenblicke stehen bleiben. Ich musste sein Gesicht ansehen. Die Schritte um ihn her und die unbekannten Stimmen und all die Geräusche eines lebhaften Verkehrs, die schienen für ihn keine Bedeutung zu haben. Er wartete. Es war ein ganz geduldiges, vertrauendes und gesammeltes Warten. Es war kein Zweifel auf dem Gesicht, dass ich etwa nicht wieder kommen könnte. Es war ein wunderbarer Schein der Vorfreude darin; er würde bestimmt wieder an der Hand genommen werden. Ich kam nur langsam los vom Anblick dieses eindrucksvoll wartenden Gesichtes mit den geschlossenen Lidern; dann wusste ich auf einmal: So müsste eigentlich das Adventsgesicht der Christen aussehen. (Autor unbekannt)
Das Adventsgesicht der Christen steht für geduldiges Warten und stille Vorfreude auf die Ankunft Christi. Die Erzählung beschreibt dieses Bild mit einem Blinden, der ruhig an einem Bahnhof wartet. Trotz des hektischen Umfelds zeigt sein Gesicht Vertrauen und Erwartung – ein Sinnbild für die Haltung, die Christinnen und Christen im Advent einnehmen könnten. Doch zwischen Konsum und Vorbereitung geht die spirituelle Bedeutung des Advents oft verloren. Die Geschichte lädt dazu ein, die eigene Haltung in der Vorweihnachtszeit zu hinterfragen. Wie habe ich es mit der inneren Ruhe, der Vorfreude und Erwartung auf Weihnachten? Die Geschichte ruft dazu auf, das aufstrahlende Licht von Weihnachten in den Mittelpunkt zu stellen und uns gerade in der dunkleren Jahreszeit mit Hoffnung und Freude füllen zu lassen. Wenn ich mich nicht beirren lasse von all dem vorweihnachtlichen Trubel, dann könnte sich auch auf mein Gesicht «ein wunderbarer Schein der Vorfreude» legen. Und ich könnte andere vielleicht damit anstecken. Etwas Zeit bleibt mir noch, der Advent hat ja gerade erst begonnen!
MATHIAS DIETZ, DIAKON EVANGELISCHE KIRCHGEMEINDE AADORF-AAWANGEN
Zum Mitnehmen in den Alltag
Versuchen Sie im Alltag mal die Augen zu schliessen und sich auf ihre Erwartungen im Advent und auf Weihnachten hin zu konzentrieren. Macht das etwas mit Ihrem Gesichtsausdruck?

