Sommerzeit ıst Lesezeiıt
30.08.2025Ob am See, auf dem Balkon oder in der Hängematte – der Sommer bietet die perfekte Gelegenheit, in Geschichten einzutauchen. Auch wir in der Redaktion legen zwischendurch das Notizbuch zur Seite und greifen zum Buch. Zwei unserer aktuellen Favoriten stellen wir Ihnen hier vor. Und Sie? ...
Ob am See, auf dem Balkon oder in der Hängematte – der Sommer bietet die perfekte Gelegenheit, in Geschichten einzutauchen. Auch wir in der Redaktion legen zwischendurch das Notizbuch zur Seite und greifen zum Buch. Zwei unserer aktuellen Favoriten stellen wir Ihnen hier vor. Und Sie? Welches Buch begleitet Sie durch diesen Sommer? Schreiben Sie uns!
«Twin Flames»
Die Geschichte von Mia und Caspar beginnt schon lange, bevor die beiden sich zum ersten Mal begegnen. Ausgehend von einer uralten Verbindung, die auf mysteriöse Weise bedroht wird, entwickelt sich eine tragische Liebe – eine Liebe gegen jede Gesetzmässigkeit. «Mach’s gut auf deiner Reise», sagte ich und umarmte ihn. «Es ist unsere Reise», flüsterte er und berührte mich noch einmal mit seiner ganzen Zärtlichkeit.
Plötzlich wurde ich von einer gewaltigen Kraft umfasst, die mich von ihm wegzog. «Ich liebe dich», sagte ich und hoffte, er konnte es noch hören.
Es gibt Bücher, die man liest und wieder vergisst. Und es gibt Bücher, die in uns nachhallen – weil sie Themen berühren, die grösser sind als jede einzelne Geschichte. «Twin Flames» von Jacqueline Meier gehört in die zweite Kategorie. Es ist ein Roman über die Liebe, aber nicht über irgendeine Liebe. Sondern über jene seltene Begegnung, die man Zwillingsseele nennt – eine Verbindung, die so tief reicht, dass sie alles Bekannte übersteigt.
Im Zentrum der Handlung stehen zwei Menschen, die auf fast magische Weise voneinander angezogen werden. Schon die erste Begegnung hat eine Intensität, die alles andere in den Schatten stellt. Doch Meier schildert diese Beziehung nicht als einfache Erfüllung romantischer Sehnsucht. Vielmehr zeigt sie, dass Zwillingsseelen-Begegnungen immer auch Prüfungen sind. Denn im Anderen sehen wir nicht nur das Licht, sondern auch die eigenen Schattenseiten. Der Roman erzählt davon, wie Nähe und Distanz, Hingabe und Angst, Sehnsucht und Widerstand sich unablässig abwechseln.
Gerade in dieser Spannung liegt die Kraft des Jugendbuches. Die Autorin führt ihre Figuren in Höhen ekstatischer Verbundenheit – und zugleich in Abgründe, die schmerzhaft ehrlich sind. Sie beschreibt, wie Liebe nicht nur Geborgenheit schenkt, sondern auch zur Herausforderung wird: ein Spiegel, der uns zwingt, uns selbst wahrzunehmen. Diese Dualität macht «Twin Flames» zu einem Roman, der weit über die Grenzen des üblichen Liebesgenres hinausgeht.
Sprachlich bewegt sich Meier auf bemerkenswerter Balance zwischen Klarheit und Poesie. Ihre Sätze sind unaufgeregt, nie kitschig, und dennoch voller Wärme und Melodie. Oft genügen ihr wenige Worte, um Atmosphären entstehen zu lassen, in denen sich die Leserinnen und Leser selbst wiederfinden können – in eigenen Erinnerungen, eigenen Hoffnungen, eigenen Ängsten.
Besonders berührend sind die Momente, in denen die Protagonisten lernen, die Liebe nicht als Besitz zu verstehen, sondern als einen Weg der inneren Entwicklung. «Twin Flames» ist auch ein Roman über Selbstwerdung: über das Loslassen alter Muster, über die Begegnung mit der eigenen Verletzlichkeit und über den Mut, sich dem Unbekannten zu öffnen.
Dass Jacqueline Meier dabei eine grosse Themenvielfalt berührt – Spiritualität, Schicksal, Freiheit, Verantwortung – macht die Lektüre reich und vielschichtig. Wer das Buch liest, sucht vielleicht Antworten auf Fragen wie: Gibt es diese eine Seele, die uns spiegelt? Ist Liebe vorherbestimmt oder eine Entscheidung? Oder ist sie beides? Der Roman gibt keine einfachen Antworten, aber er lädt dazu ein, tiefer zu fragen.
Der Roman ist damit nicht nur eine Geschichte über zwei Menschen, sondern ein literarisches Erlebnis, das seine Leserinnen und Leser selbst auf eine Reise schickt – in die Tiefe, zu den eigenen Sehnsüchten, und vielleicht auch zu den eigenen Wunden. Es ist ein Buch, das Mut macht, weil es zeigt: Die Liebe ist kein fertiges Ziel, sondern ein Weg. Ein Weg, der uns verändert.
EMANUELA MANZARI
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