Ehre, wem Ehre gebührt

  30.06.2022 Elgg

Eine Premiere und eine Dernière gab es zu feiern. Als Premiere wurden drei verdienstvolle Elggerinnen im Sommer und nicht am Neujahrsapéro geehrt; Corona lässt grüssen. Und die Dernière? Sie war es wohl, die vor allem Publikum anlockte: Der Abschied von Christoph Ziegler nach 16 Jahren als Gemeindepräsident.

Hoch ging es zu und her letzten Samstag, rund um die ehrwürdige Elgger Kirche herum. Während rechts, auf dem Lindenplatz, der traditionsreiche Flohmarkt über die Bühne ging, fand etwas weiter links etwas Neues statt. Kurz nach 10 Uhr waren die Festbänke bereits gut gefüllt. Den Auftakt machte die Band Noonday mit der Elgger Sängerin Irene Schmid und spielte sich in die Herzen des Publikums. Drei Elggerinnen würden heute für ihre Verdienste in den Sparten Beruf und Freiwilligenarbeit ausgezeichnet, liess der scheidende Gemeindepräsident Christoph Ziegler das Publikum wissen, das erwartungsvoll vor ihm sass oder als Zaungäste – im wahrsten Sinne – aufgereiht vor dem Garten der «Meise» stand.
Vor rund einem Jahr schloss Seraina Büchi ihre Lehre als beste Architekturmodellbauerin der Schweiz ab. Die engagierte, junge Berufsfrau ist bereits wieder in einer Weiterbildung und sass ausgerechnet an diesem Samstag in ihrer Schlussprüfung der Handelsmittelschule und nicht auf einer Festbank auf dem Meisenplatz. Ihren Preis, ein prächtiger Blumenstrauss mit einem eingeflochtenen Batzen, werde sie später erhalten, versicherte Ziegler.
Als zweite junge Berufsfrau wurde Melissa Füchslin geehrt. Sie absolviert ihre Lehre bei der Danko AG in Aadorf und so wurde ihr grosses Talent entdeckt: Sie macht schweizweit die schönsten Fleischplatten – sie ist also, wie es das Internet formuliert «Schweizermeisterin im Fleischplattenlegen» in der Kategorie Lernende. Ziegler freute sich, einer seiner ehemaligen Schülerinnen zu so einem Titel gratulieren zu dürfen.

Junge und jung gebliebene Frauen

«Sie haben es gemerkt – heute sind die jungen Frauen an der Reihe. Und auch die dritte, die heute geehrt wird, gehört dazu. Brigitte Wiget ist nämlich jung geblieben. Sie arbeitet gerne – meist ehrenamtlich – mit jungen Menschen und findet sofort Zugang zu ihnen», so Christoph Ziegler. Als sie merkte, dass ihre eigenen Söhne keinen Ort haben, an dem sie sich mit ihren Freunden treffen können, gründete sie vor rund 20 Jahren den Mittwochtreff, der irgendwann mit dem bereits existierenden Jugendtreff zusammengelegt wurde. Vor knapp einem Jahr bewilligte die Gemeindeversammlung den Skaterpark. «Unermüdlich hat Brigitte mit einigen Jugendlichen seit Jahren dafür geweibelt, Standorte evaluiert und Offerten durchgerechnet. Ich freue mich jetzt schon darauf, wenn Brigitte bei der Einweihung des Skaterparks auf einem Rollbrett durch die Steilwandkurve fräst …», schloss Ziegler die Laudatio unter dem Gelächter des Publikums.

Mit einem lachenden und einem anderen Auge

Und dann war er da, der grosse Moment, an den Christoph Ziegler in den letzten Wochen bestimmt oft gedacht hat. Es war der Moment seiner eingangs angekündigten Dernière. Nach 20 Jahren im Gemeinderat Elgg, davon 16 Jahre als Gemeindepräsident, stand er zum letzten Mal in seiner Funktion vor einem grossen Publikum, seinem Publikum; über 200 Personen, die gekommen sind, um ihren Gemeindepräsidenten gebührend und würdig zu verabschieden. In einer kurzen, launigen Ansprache liess Ziegler die letzten 16 Jahre Revue passieren: «Zum Schluss möchte ich ihnen, möchte ich euch danken, dass ihr es so lange mit mir ausgehalten habt. Ich habe mich immer getragen gefühlt. Natürlich kann man es als Gemeindepräsident nicht allen recht machen. Aber fast immer konnten wir gemeinsam Lösungen finden. Ich möchte allen danken, die sich in den letzten 20 Jahren für Elgg eingesetzt haben. Nur zusammen können wir die Gemeinde weiterentwickeln.» Er schloss dann, unter grossem Applaus und stehenden Ovationen: «Jetzt aber isch er da – de Momänt, won ich mir scho es paar Mal vorgschtellt han, wies dänn seg. Jetzt isch fertig; adieu mitenand!»

Ein zwei Meter langer Abschied

Doch damit war der Reigen der Redner und Rednerinnen erst eröffnet. Giorgio Bösiger als ehemaliger Soso-Elgg-Präsident würdigte Verdienste und Amtsdauer Christoph Zieglers in einer «zwei Meter langen» Rede voller Anekdoten. Die humorvolle, gut vorgetragene und besondere Laudatio fand beim Publikum grossen Anklang und sorgte für einige Lacher, beim scheidenden Gemeindepräsidenten zudem für Momente der sichtlichen Rührung. Das Mikrofon ging nun von Bösiger auf Annelies Meier über.
Der Elgger Marktverantwortlichen war es ein Anliegen, sich bei Ziegler zu bedanken: «Er hat uns dabei unterstützt, dass wir während der Pandemie unseren Wochenmarkt immer durchführen konnten und nur ein Termin ausfallen musste.» Mit einem Kistchen voller frischer Wochenmarkt-Produkte verabschiedete Meier den bisherigen Gemeindepräsidenten – und begrüsste, in der Hoffnung auf die gleichbleibend gute Zusammenarbeit, mit einem Sonnenblumensträusschen seine Nachfolgerin Ruth Büchi. Sie ihrerseits sprach ebenfalls ihren Dank aus und wünschte ihrem Amtskollegen im Namen des Gemeinderates alles Gute. Lange sei überlegt worden, was man Ziegler für seinen neuen Lebensabschnitt schenken könnte – und wurde in Form einer Hängematte samt (demontierbarem) Gestell fündig; alles Elgger Qualitätsarbeit selbstverständlich. Der stolze, frischgebackene Hängemattenbesitzer liess es sich nicht nehmen, zusammen mit Ehefrau Eliane, gleich einmal Probe zu liegen. Auch die scheidende Gemeinderätin Nicole Klein Fankhauser wurde von Büchi und den anwesenden Bürgern verabschiedet.
Der offizielle Teil war nun zwar vorbei, doch die Bevölkerung nutzte die Gelegenheit für einen Schwatz und vielleicht noch eine weitere, von der Gemeinde spendierte Wurst vom Grill. Das gemütliche Beisammensein wurde untermalt durch die Klänge von Noonday, bevor es dann endgültig hiess, Abschied zu nehmen. Passend dazu ein letztes Zitat von Christoph Ziegler als Gemeindepräsident: «Mein Herz, meine Wurzeln werden immer in Elgg sein!»

STEPHANIE HUGENTOBLER


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